Brandenburg:Ex-NPD-Politiker aus Untersuchungshaft entlassen

  • Das Oberlandesgericht Brandenburg hat die Freilassung des ehemaligen NPD-Mannes Maik Schnaider aus der Untersuchungshaft angeordnet.
  • Er war wegen eines Anschlags auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt worden, der Bundesgerichtshof hatte das Urteil jedoch wegen Verfahrensfehlern aufgehoben.
  • Da der neu aufgerollte Prozess zu lange dauert, wird Schneider nun aus der U-Haft entlassen.

Das Oberlandesgericht Brandenburg hat den ehemaligen NPD-Politiker Maik Schneider aus der Untersuchungshaft entlassen. Das Gericht begründete die Freilassung mit vermeidbaren Verzögerungen durch die Justiz, die sich auf mehr als sechs Monate summiert hätten.

Der 31-Jährige muss sich seit Oktober 2018 in einem Revisionsprozess wegen des Brandanschlags auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft im August 2015 in Nauen verantworten. Die Sporthalle, in der Flüchtlinge untergebracht werden sollten, brannte bei dem Anschlag vollständig aus. Dadurch entstand ein Sachschaden in Höhe von rund 3,5 Millionen Euro. Schneider war wegen des Brandanschlags und weiterer Delikte zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt worden.

Der Bundesgerichtshof hatte das Urteil jedoch im März 2018 wegen eines Verfahrensfehlers aufgehoben, weil zu Beginn des Prozesses am Landgericht Potsdam ein Befangenheitsantrag gegen einen Schöffen abgelehnt worden war. Der Schöffe hatte am ersten Verhandlungstag die Äußerungen des Angeklagten zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen als "Quatsch" bezeichnet. Der Prozess musste deswegen wieder neu aufgerollt werden. Schneider wurde im März 2016 festgenommen und saß somit seit knapp drei Jahren in Untersuchungshaft.

Bei der Anordnung und Überprüfung der Untersuchungshaft müsse gemäß Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ständig geprüft werden, ob die Beschränkung des im Grundgesetz garantierten Rechts auf persönliche Freiheit wegen des staatlichen Interesses an der Strafverfolgung gerechtfertigt sei, hieß es beim Oberlandesgericht. Vermeidbare und dem Staat zuzurechnende Verfahrensverzögerungen könnten nicht zur Rechtfertigung einer ohnehin schon lang dauernden Untersuchungshaft herangezogen werden.

Die Freilassung soll Thema im Rechtsausschuss des Landtags werden. Die oppositionelle CDU-Fraktion teilte mit, sie habe eine Sondersitzung des Ausschusses beantragt. "Erst Sexualstraftäter, dann ein Mörder und jetzt ein Rechtsextremist: In Brandenburg kommen Straftäter auf freien Fuß, weil die Justiz unterbesetzt ist", sagte Fraktionschef Ingo Senftleben. "Richter und Staatsanwälte warnen seit Jahren, aber SPD und Linke sind untätig geblieben."

Beteiligung an rechten Aktionen in Nauen

Schneider galt vor seiner Verhaftung als führende Persönlichkeit der Rechtsextremen in Nauen und im Havelland. Seine Gruppe soll mehrfach das Parteibüro der Linken attackiert und einen Brandanschlag auf das Auto eines Politiker-Paares der Linken verübt haben. Im April 2015 sollen die Rechtsextremen an dem Auto des Jugendvereins, der sich für Flüchtlinge engagierte, die Reifen zerstochen und einen Drohbrief hinterlassen haben. Schneider war zudem an zahlreichen Anti-Asyl-Demonstrationen und ausländerfeindlichen Tumulten beteiligt.

Sein Anwalt Sven Oliver Milke hatte in seiner Haftbeschwerde unter anderem geltend gemacht, dass die Zustellung des ersten Urteils knapp sechs Monate gedauert hätte. Dadurch sei die Revision unverhältnismäßig verzögert worden. Zudem monierte er eine schleppende Terminierung des Revisionsprozesses. Bis Mitte März sind in dem Verfahren noch sieben Verhandlungstage angesetzt.

"Die Entscheidung des OLG ist für mich nicht überraschend", sagte Milke. Das Bundesverfassungsgericht habe gewisse Vorgaben zur möglichen Dauer von Untersuchungshaft gemacht. An diese habe sich das OLG im Gegensatz zum Landgericht Potsdam gehalten. Das Landgericht hatte Ende Dezember die Freilassung Schneiders abgelehnt. Dagegen hatte Milke beim OLG Beschwerde eingelegt. Nach Angaben des Verteidigers sollte Schneider das Gefängnis noch am Donnerstag verlassen. Der Haftbefehl gegen Schneider sei ohne Auflagen aufgehoben worden, betonte Milke. Sein Mandant werde sich aber "selbstverständlich" weiter dem Prozess stellen.

Beim nächsten Verhandlungstermin am 9. Januar soll mit der Vernehmung von Richter Theodor Horstkötter als Zeugen weitergehen. Der Vorsitzende Richter des ersten Prozesses in Potsdam soll berichten, was Schneider damals ausgesagt hatte. Schneider hatte damals erklärt, er habe die Turnhalle nicht niederbrennen, sondern lediglich als Zeichen des Protests einrußen wollen.

Zur SZ-Startseite
Berliner Platz nach dem Attentat

Tat von Bottrop
:Der Fremdenhass kriecht aus allen Ritzen

Wenn Flüchtlinge gewalttätig werden, wird das in Deutschland schnell zum Politikum. Doch die ausländerfeindliche Tat in Bottrop wird entpolitisiert. Das ist falsch und gefährlich.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: