CDU in Rheinland-Pfalz:Putsch und Politik

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Christian Baldauf, Parteichef und Fraktionsvorsitzender der rheinland-pfälzischen CDU, erwägt den Teilabstieg. (Foto: Andreas Arnold/DPA)

Im Dezember kündigte Christian Baldauf an, den Fraktionsvorsitz abzugeben. Seitdem herrscht Unruhe in der rheinland-pfälzischen CDU. Der Zeitpunkt ist denkbar schlecht.

Von Gianna Niewel, Mainz

Es ist noch nicht lange her, da klang Christian Baldauf wie ein Reiseleiter, der seine Gruppe auf einen Berganstieg vorbereitet. "Der Weg, der vor der CDU Rheinland-Pfalz liegt, ist unbequem, der ist hart, der wird auch schmerzhaft", sagte er im März 2022. Da hatte eben jene CDU Rheinland-Pfalz ihn gerade zum Landesvorsitzenden gewählt.

Wie recht er doch hatte.

Wenn die CDU an diesem Dienstag zu einer Klausurtagung in Mainz zusammenkommt, wird es auch darum gehen, wer die Fraktion in Zukunft führen könnte. Denn Christian Baldauf hat angekündigt, sein Amt als Fraktionsvorsitzender Ende März aufgeben zu wollen - auch deshalb, weil der Weg zu hart war. Weil die Reisegruppe ihm nicht mehr folgt. Was war passiert?

Wieso konnte Baldauf sogar noch aufsteigen?

Bei der Landtagswahl 2021 war Baldauf als Spitzenkandidat angetreten, aber seine CDU kam nur auf 27,7 Prozent. Historisch schlecht. Es dauerte nicht lange, da klagten immer mehr Abgeordnete immer lauter. Baldauf sei nicht profiliert, er stehe für nichts. Hier mal eine Stellungnahme, in der er vor "Genderexperimenten" an Schulen warnt, da mal eine Meldung in der Welt, in der er Merz' Vorschlag für eine befristete Frauenquote kritisiert? Zuletzt habe es keinen Sinn mehr gemacht, ihn überhaupt noch zu briefen, weil er gesagt habe, was er wollte.

Nur: Wieso konnte Baldauf nach der Wahl Fraktionsvorsitzender bleiben und wurde 2022 sogar noch zum Landesvorsitzenden gewählt? Um das zu verstehen, hilft ein Blick in den Mainzer Landtag, wo die CDU seit 1991 in der Opposition sitzt. Seit mehr als drei Jahrzehnten. Als Oppositionspartei hat sie kaum Posten zu vergeben, kaum Personal aufgebaut, da war niemand außer Baldauf. Und selbst wenn, hätte eine Gegenkandidatur nicht erst recht gespalten? "Rückblickend war das ein Fehler", sagt einer aus dem Führungskreis, die Stimmung gehe seither nur in eine Richtung, bergab.

Dass Christian Baldauf seinen Rückzug vom Fraktionsvorsitz angekündigt hat, war deshalb wenig überraschend - überraschend war die Art und Weise. Wie freiwillig geht er?

Das Gerücht über seinen Rückzug war in Mainz noch nicht Gewissheit geworden, da erzählten sie in der CDU-Fraktion schon mehrere Versionen. Die erste: Christian Baldauf trifft sich regelmäßig mit einer Gruppe von Abgeordneten. Bei einem Treffen im Dezember hätten sie ihn informiert, dass er keine Mehrheit mehr habe und ihm eine Abwahl drohe. Daraufhin habe er sich für den Rückzug entschieden, weil es - wie es später in der Pressemitteilung hieß - "Zeit für einen Übergang" in der Fraktion sei.

Die Unruhe in der Fraktion kommt zur falschen Zeit

Die zweite Version klingt anders, darin macht die Gruppe Druck. Wenn Baldauf nicht zurücktrete, würden sie ihn abwählen, er solle es sich überlegen. Während er zu Hause in Frankenthal überlegte, hätten einzelne Abgeordnete Fakten geschaffen und das Gerücht über seinen Rückzug verbreitet. Das ist die Version, die mehrere Abgeordnete "Putsch" nennen.

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Während es in Mainz mittlerweile fast egal ist, welche Version sich durchsetzt - Schaden hat die CDU ohnehin -, könnte der Zeitpunkt nicht ungünstiger sein. Zum Ersten liegt die CDU in Umfragen zum ersten Mal seit der letzten Landtagswahl wieder vor der SPD von Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Zum Zweiten haben sie noch immer keinen natürlichen Nachfolger. Und drittens ist offen, wie es mit Christian Baldauf weitergeht, denn Parteivorsitzender würde er gern bleiben. Aber wie will er unter diesen Umständen mit einem neuen Fraktionsvorsitzenden zusammenarbeiten? Wie will der neue Fraktionsvorsitzende sich profilieren? Und wenn es der Abgeordnete werden sollte, dessen Name gerade besonders oft genannt wird - Helmut Martin aus Bad Kreuznach? Da sagen einige in der CDU, dass er mit seinen 59 Jahren sicher ein guter Fraktionsvorsitzender ist, aber eher kein Spitzenkandidat für die nächste Landtagswahl.

Christian Baldauf äußert sich kurz vor der Klausur am Dienstag öffentlich dazu nicht. Intern ist eine "offene Aussprache" darüber geplant, wie die CDU an diesen Punkt kommen konnte, welchen Weg sie weitergehen will - und mit wem. Eine Woche später könnte der neue Fraktionsvorsitzende gewählt werden, und dann, so die Hoffnung, könnte es in eine andere Richtung weitergehen. Bergauf.

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