Geplante Lauterbach-Entführung:Razzien gegen "Reichsbürger" - Verhaftungen in mehreren Bundesländern

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Union und FDP kritisieren Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), weil er nach wie vor kein Konzept zur Suizidvorbeugung vorgelegt hat. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Ein Beschuldigter soll sich bereit erklärt haben, sich an der geplanten Entführung von Gesundheitsminister Lauterbach zu beteiligen und dafür in Kroatien Schusswaffen zu besorgen.

Die Polizei hat in mehreren Bundesländern Wohnungen sogenannter Reichsbürger durchsucht und fünf Verdächtige verhaftet. Die Generalstaatsanwaltschaft München teilt mit, ein in Wolfratshausen festgenommener Beschuldigter hatte sich bereit erklärt, sich an der geplanten Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zu beteiligen und dafür in Kroatien Schusswaffen zu besorgen.

In Rheinland-Pfalz wurden nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz ein 52-Jähriger aus dem Landkreis Trier-Saarburg und eine 32 Jahre alte Frau aus dem Landkreis Bad Dürkheim festgenommen. Der Mann soll für die Gruppe, die zur Herbeiführung des Umsturzes mutmaßlich auch flächendeckende Stromausfälle herbeiführen wollte, Hochspannungsleitungen ausgekundschaftet haben. Die Frau soll Chatgruppen betrieben haben, in denen sich die Beschuldigten austauschten - und eine Anleitung zur Herstellung von Sprengstoff geschrieben haben.

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Festgenommen wurden auch ein 49-Jähriger aus dem Kreis Mettmann in Nordrhein-Westfalen und ein 61-Jähriger im Kreis Bergstraße in Hessen. Durchsuchungen gab es demnach auch im hessischen Hanau und in Thüringen sowie in Baden-Württemberg.

Dort soll ein weiterer Beschuldigter Mitglieder der Gruppe bei einem Treffen in die Bedienung von Funkgeräten eingewiesen haben. Außerdem werfen ihm die Ermittler vor, er habe in Chatgruppen zur Teilnahme an Zusammenkünften der Vereinigung aufgerufen.

Andere Mitglieder der mutmaßlichen Terrorgruppe "Vereinte Patrioten", die einen Umsturz geplant haben soll, stehen bereits in Koblenz vor Gericht. Die Bundesanwaltschaft wirft vier Männern und einer Frau Hochverrat vor, weil sie die Regierung stürzen und den Gesundheitsminister entführen wollten. Die Vereinigung soll sich zusammengeschlossen haben, "um die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland durch ein autoritär geprägtes Regierungssystem nach dem Vorbild der Verfassung des Deutschen Reiches von 1871 zu ersetzen". Nach bisherigen Ermittlungen wollte sie Sprengstoffanschläge auf neuralgische Punkte der Energieversorgung verüben und damit einen wochenlangen bundesweiten Stromausfall verursachen.

Damit verfolgte die Gruppe den Angaben zufolge das Ziel, "die Bevölkerung von der Berichterstattung des Rundfunks und der Presse abzuschneiden und zugleich eine Reaktion der staatlichen Sicherheitsbehörden auf den Umsturzversuch zu erschweren". Außerdem soll die Gruppe geplant haben, Lauterbach zu entführen, und dabei die Tötung seiner Leibwächter in Kauf genommen zu haben, um ihre Entschlossenheit und Leistungsfähigkeit zu verdeutlichen.

Bei den Personen, die von den Razzien am Dienstag betroffen waren, handelt es sich um mutmaßliche weitere Mitglieder und Unterstützer der Gruppe. Auch ihnen wird zum Teil die Vorbereitung des Hochverrats vorgeworfen.

Die "Vereinten Patrioten" sind nach Überzeugung der Ermittler Anhänger der "Reichsbürger"-Ideologie. "Reichsbürger" erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht als Staat an. Sie erklären wahrheitswidrig, das historische Deutsche Reich bestehe bis heute fort. Die Anhänger negieren heutige demokratische und rechtsstaatliche Strukturen wie Parlament, Gesetze oder Gerichte. Steuern, Sozialabgaben oder Bußgelder wollen sie nicht zahlen.

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Die Bundesanwaltschaft wirft vier Männern und einer Frau Hochverrat vor, weil sie die Regierung stürzen und den Gesundheitsminister entführen wollten. Die Verteidigung sagt: Alles nur Fantastereien. Aber einer hat bereits gestanden.

Von Annette Ramelsberger

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