Regierung - Ludwigsburg:Beförderungsaffäre: Diringer vermisst Unrechtsbewusstsein

Baden-Württemberg
Ulrike Höfken, Umweltministerin von Rheinland-Pfalz, sitzt im Landtag. Foto: Andreas Arnold/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Ludwigsburg/Mainz (dpa/lrs) - Arbeitsrechtler Arnd Diringer von der Hochschule Ludwigsburg vermisst bei der Aufarbeitung der Beförderungspraxis im rheinland-pfälzischen Umweltministerium ein inhaltliches Unrechtsbewusstsein. "Es entsteht der Eindruck, dass das Recht nur noch als störend empfunden worden ist. Das sehe ich als Jurist kritisch", sagte der Professor und Leiter der Forschungsstelle für Arbeitsrecht der Deutschen Presse-Agentur in Mainz.

"Die ganzen Vorschriften im Beförderungsverfahren haben einen Zweck", betonte Diringer. "Man muss sicherstellen, dass wirklich nur nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung befördert wird. Das dürfen die einzigen Kriterien beim Staat sein und sie müssen durch ein formalisiertes Verfahren sichergestellt werden."

Das Oberverwaltungsgericht Koblenz habe in seiner Urteilsbegründung zu den Beförderungen im Umweltministerium außergewöhnlich deutliche Worte gewählt und von einer "grob rechtswidrigen" Auswahlentscheidung und einem "von Willkür geprägten System" gesprochen, sagte Diringer. "Es ist nicht so, dass - wie man jetzt den Eindruck zu vermitteln versucht - es sich um eine bloße Formalie handelt, sondern da steckt schon deutlich mehr dahinter." Das Gericht habe auch in einem Fall festgestellt, dass die Beförderung "ausdrücklich und sachfremd mit Billigungserwägungen" begründet worden ist. "Damit ist nicht ausgeschlossen, dass das in den andern Fällen ähnlich gelaufen ist."

"Ob alle Beförderungen im Nachhinein richtig gewesen sind, wie Ministerin Ulrike Höfken gesagt hat, lässt sich im Nachhinein nicht überprüfen, weil die Verfahrensvorgaben nicht eingehalten worden sind." Es lasse sich ja keine Beurteilung von vor zehn Jahren nachholen.

"Wenn solche Fehler in der Wirtschaft passieren würden, hätte ein Vorstand oder ein leitender Angestellter sicherlich keine blühende Zukunft mehr vor sich", sagte Diringer. "Aus politischen Fragen halte ich mich raus." Ein Rücktritt der Ministerin wäre in seinen Augen jedoch "ein reines Symbol". "Klar trägt sie die politische Verantwortung, aber konkret ist ein Staatssekretär verantwortlich gewesen", stellte der Jurist fest. "Das Entscheidende bei der Ministerin ist, dass sie danach nicht klar gesagt hat, das war ein Riesenfehler, sondern in Verteidigungshaltung gegangen ist und den Eindruck erweckt hat, das war formal falsch, aber inhaltlich in Ordnung.

"Ob das strafrechtlich relevant ist, kann man zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht feststellen", sagte Diringer. "Das hängt davon ab, wie die Beförderungen konkret gelaufen sind."

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