Rechtsextremismus:Verfassungsschutzbericht soll vor NSU-Nachahmern warnen

Die Mordserie des "Nationalsozialistischen Untergrunds" könnte zu Nachahmungstaten führen. Das soll laut der "Passauer Neuen Presse" aus dem Verfassungsschutzbericht hervorgehen, den die Behörde heute vorstellt. Die Zahl der rechtsextremen Straftaten sei 2011 wieder gestiegen.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz warnt nach den Morden der Terrorzelle NSU vor weiterem Rechtsterrorismus in Deutschland. "Da Fremdenfeindlichkeit ein wesentliches Grundelement des Rechtsextremismus ist, sind Nachahmungstaten denkbar", zitiert die Passauer Neue Presse aus dem Verfassungsschutzbericht 2011, der heute von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und dem scheidenden Verfassungsschutzpräsidenten Heinz Fromm vorgestellt wird. Die Zahl gewaltbereiter Rechtsextremisten in Deutschland ist dem Bericht zufolge von 9500 auf 9800 Personen gestiegen. Die Zahl rechtsextremistischer Demos stieg demnach von 240 auf 260 - ein Höchststand. Bei den rechtsextremistisch motivierten Straftaten gab es laut Informationen der Welt einen Anstieg um drei Prozent von 16.375 auf 16.873.

Die Bedrohung durch islamistischen Terrorismus bleibt laut Verfassungsschutzbericht unverändert hoch: "Die islamistische Szene besteht aus verschiedenen Strukturen, die immer stärker miteinander vernetzt sind. Hieraus resultieren Gefahren für die innere Sicherheit, die jederzeit in Form von Anschlägen unterschiedlicher Dimension und Intensität real werden können."

3800 in Salafisten in Deutschland

Im Zuge des Arabischen Frühlings hätten sich die Handlungsspielräume islamistischer Bewegungen "durch die neu gewonnenen Freiheiten" erweitert. Die Verfassungsschützer warnen vor allem vor Gefahren durch den politischen Salafismus: "Breitenwirkung wird insbesondere über das Internet und eigens entwickelte Propagandaaktivitäten erzielt, die vor allem auf junge Muslime Anziehungskraft ausüben und radikalisierungsfördernd wirken." Die Zahl der Salafisten in Deutschland beläuft sich laut dem Bericht auf etwa 3800.

Aber auch die linksextremistische Szene wird gewalttätiger, wie die Bild-Zeitung unter Berufung auf den Verfassungsschutz berichtet. Demnach ist 2011 die Zahl linksextremistisch motivierter Gewalttaten um mehr als 20 Prozent auf insgesamt 1157 Fälle (2010: 944) gestiegen. Immer häufiger würden Polizisten Opfer linksextremistischer Gewalt.

Friedrich und Fromm wollen den Verfassungsschutzbericht in Berlin präsentieren. Für Fromm ist es ein Abschied, da er zum Monatsende vorzeitig in den Ruhestand geht. Er zieht damit die Konsequenzen aus den Aktenvernichtungen im Zuge der Ermittlungen zur Neonazi-Zelle NSU. Fromms Nachfolger wird ebenfalls heute vom Bundeskabinett benannt. Der Unterabteilungsleiter für Terrorismusbekämpfung im Bundesinnenministerium, Hans-Georg Maaßen, soll zum 1. August neuer Präsident des krisengeschüttelten Inlandsnachrichtendienstes werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: