Reaktionen auf Yücel-Freilassung:"Das ist ein guter Tag für uns alle"

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Nach über einem Jahr in türkischer Haft kommt der "Welt"-Journalist Deniz Yücel wieder frei. Deutsche Politiker reagieren erleichtert.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat erfreut auf die Freilassung des Welt-Journalisten Deniz Yücel aus türkischer Haft reagiert. "Ich freue mich natürlich für ihn, ich freue mich für seine Frau und die Familie, die ja ein sehr, sehr schwieriges Jahr der Trennung aushalten mussten", sagte Merkel am Freitag in Berlin bei einem Auftritt mit dem polnischen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki."Ich möchte allen danken, die sich dafür eingesetzt haben, dass Deniz Yücel nun offensichtlich, ich sag's noch vorsichtig, auf freiem Fuß ist. Und deshalb schließe ich in diesen Dank auch ganz besonders die Bemühungen des Außenministeriums mit ein und des Außenministers", erklärte Merkel.

Auf die Frage, was genau zur Freilassung geführt habe, sagte die Kanzlerin: "Es zeigt sich, dass Gespräche auch vielleicht nicht ohne Nutzen sind. Wie genau die Wirkungen sind, weiß man nicht."Merkel erinnerte an die Menschen, die in der Türkei weiter aus politischen Gründen inhaftiert sind. "Wir wissen, dass es noch weitere, vielleicht nicht ganz so prominente Fälle von Menschen gibt, die in türkischen Gefängnissen sind. Und auch für sie erhoffen wir eine schnelle Behandlung der Rechtsverfahren und Rechtsstaatlichkeit."

Außenminister Sigmar Gabriel hat die Entwicklung ebenfalls begrüßt. "Das ist ein guter Tag für uns alle", erklärte er am Freitag zu der Entscheidung der türkischen Justiz. "Ich danke ausdrücklich der türkischen Regierung für ihre Unterstützung bei der Verfahrensbeschleunigung."

Gabriel sagte, er habe sich auch zwei Mal mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan getroffen, um eine Beschleunigung des Verfahrens zu erreichen. Diese Treffen waren bisher nicht bekannt."Die türkische Regierung hat immer Wert darauf gelegt, dass sie keinen politischen Einfluss auf die Gerichtsentscheidung nehmen werde", betonte Gabriel. Er dankte ausdrücklich dem türkischen Außenminister Mevlüt Cavosoglu, mit dem er ebenfalls mehrfach über den Fall Yücel gesprochen hat. Außerdem dankte Gabriel Kanzlerin Angela Merkel (CDU), "für ihr Vertrauen in die Arbeit des Auswärtigen Amtes in diesem schwierigen Fall".

Überblick
:Die politischen Gefangenen der Türkei

Sechs Deutsche sitzen in türkischen Gefängnissen - darunter Deniz Yücel, dessen Name als einziger bekannt ist. Auch zahlreiche türkische Journalisten sind weiterhin in Haft.

Peter Altmaier, kommissarischer Finanzminister der CDU, macht seiner Erleichterung über die Freilassung von Deniz Yücel auf Twitter in kurzen Worten Luft: "FREE Deniz ! Endlich!"

Der FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff pocht nach der angekündigten Haftentlassung von Deniz Yücel auf die Freilassung weiterer Gefangener in der Türkei. "Die Freilassung Yücels ist ein positives Signal. Wichtig ist, dass seine Ausreise jetzt unverzüglich sichergestellt wird. Politisch betrachtet ist sie aus Sicht der Türkei jedoch nur ein wohlkalkulierter Schritt, um die internationale Isolation zu durchbrechen, in die Erdogan das Land manövriert hat", erklärte Lambsdorff am Freitag in Berlin. Er mahnte: "Sechs weitere Deutsche bleiben inhaftiert, über 100 türkische Journalisten genauso. Sie dürfen wir nicht vergessen, es gilt #freethemall."

Der Deutsche Journalistenverband (DJV) mahnte ebenfalls, die übrigen in der Türkei inhaftierten Journalisten nicht zu vergessen. "Die Pressefreiheit dort wird weiterhin massiv geschleift", sagte der DJV-Vorsitzende Frank Überall der Deutschen Presse-Agentur. "Mehr als 100 Journalisten, die ähnlich wie Deniz Yücel nichts anderes gemacht haben als ihren Job, sind in der Türkei weiterhin im Gefängnis."

Es sei "eine der besten Nachrichten seit langem und wo gibt: Herzlich Willkommen in der Freiheit", schreibt Jürgen Trittin von den Grünen.

Der kommissarische SPD-Justizminister Heiko Maas solidarisiert sich zusätzlich mit der Diktion, die die Unterstützungskampagne zur Freilassung Yücels verwendet hat: "Endlich! Beste Nachricht, wo gibt. Deniz Yücel kommt frei."

Thomas Oppermann, Fraktionsvorsitzender der SPD im Bundestag, kommentiert auf Twitter: "Das ist eine gute Nachricht und ein Grund zur Freude: Deniz Yücel kommt frei. Er hat 1 Jahr Haft erlitten, weil er von der Presse- und Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht hat. Das ist eine Schande. Deshalb müssen jetzt auch die anderen Journalisten aus der Haft entlassen werden."

Thorsten Schäfer-Gümbel, stellvertretender SPD-Vorsitzender, erinnert zugleich an die noch immer inhaftierten Journalisten in der Türkei: "Ich bin unendlich froh, dass Deniz Yücel endlich wieder frei sein wird. Ein guter Tag für ihn und seine Familie. Der Einsatz für Rechtsstaatlichkeit in der Türkei muss weitergehen, weil viele noch inhaftiert sind."

Diplomatie
:Deniz Yücel hat das Gefängnis verlassen

Nach mehr als einem Jahr ist der Journalist frei und darf die Türkei verlassen. Die Freilassung folgte auf geheime Verhandlungen zwischen Gabriel und Präsident Erdoğan - und verzögerte sich im letzten Moment noch einmal.

Von Georg Mascolo und Gökalp Babayiğit

Weitere Reaktionen:

Göfay Sofuoglu (Vorsitzender der türkischen Gemeinde in Deutschland) zur Rheinischen Post: "Seit über einem Jahr saß Deniz Yücel unschuldig im Gefängnis. Er ist ein freiheitsliebender Mensch, ein Journalist und kein Terrorist. Es ist gut, dass das jetzt auch die Türkei kapiert hat."

Ulf Poschardt (Chefredakteur "Die Welt", bei Twitter): "beste nachricht wo gibt. der newsroom jubelt. danke an alle unterstützer und vor allem den fantastischen anwalt veysel ok. und den außenminister."

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