Reaktionen auf Freilassung Schalits:"Ich habe euch euer Kind zurückgebracht"

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Gilad Schalit ist inzwischen in seinem Heimatort angekommen. Die Erleichterung ist groß - nicht nur in Israel, wo Premier Netanjahu die Freilassung des Soldaten öffentlichkeitswirksam inszeniert, auch in Deutschland. Angela Merkel hofft auf Bewegung im Nahost-Friedensprozess und Bundespräsident Christian Wulff schreibt einen Brief an die Eltern Schalits.

Ganz Israel kennt Gilad Schalits jungenhaftes Gesicht von Reklametafeln, Flaggen, Autoaufklebern und aus Fernsehspots. Der junge Soldat wurde in seiner Heimat zur Ikone erhoben, zum Sohn der Nation.

Deshalb ist die Freude über seine Freilassung aus fünfjähriger Hamas-Gefangenschaft in der Heimat gewaltig. "Gilad ist heute heimgekehrt zu seiner Familie und seinem Volk. Dies ist ein bewegender Moment", sagte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu während einer Begrüßungszeremonie auf dem Luftwaffenstützpunkt Tel Nov. "Ich war mir bewusst, dass ich eine schwere Verantwortung trage. Dies sind Momente, in denen ein Führer allein ist und entscheiden muss", betonte er: "Ich habe an Gilad gedacht und die fünf Jahre, die er in einem Verließ gelitten hat."

Auf dem Luftwaffenstützpunkt Tel Nov traf Schalit auch seine Eltern wieder. Sie nahmen den 25-Jährigen in die Arme. Netanjahu sagte zu den Eltern: "Ich habe euch euer Kind zurückgebracht." Zu Schalit sagte Netanjahu: "Willkommen in Israel, Gilad. Wie gut, dass du zurückgekommen bist." Auch Verteidigungsminister Ehud Barak sowie Generalstabschef Benny Ganz waren bei der Zusammenkunft anwesend. Die israelischen Behörden baten Journalisten darum, in den kommenden Tagen die Privatsphäre der Familie zu respektieren. Die Straße in Mitzpe Hila im Norden Israels, in der Schalits Elternhaus steht, wurde für den Verkehr gesperrt. Inzwischen ist der israelische Soldat dort angekommen. Er wurde von Tausenden Menschen begeistert empfangen.

Schalit hatte kurz nach seiner Freilassung in einem Interview gesagt, er habe die Hoffnung, dass die Vereinbarung über den Gefangenenaustausch helfen werde, Frieden zwischen Israel und den Palästinensern zu bringen.

Diesem Wunsch schlossen sich viele Politiker in ihren Reaktionen auf die Freilassung an. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hofft auf Bewegung im Nahost-Friedensprozess. Sie äußerte sich erleichtert über das Ende des Geiseldramas. Insbesondere dankte sie nach Angaben des Regierungssprechers Steffen Seibert Ägypten für die Vermittlung zwischen Israelis und Palästinensern. Die Kanzlerin ging auch auf das persönliche Schicksal des 25-jährigen Soldaten ein. Schalit könne nun "endlich zu seiner Familie und seinen Freunden zurückkehren". Sie wünsche ihm, "dass er sich von allem, was er erleiden musste, rasch erholt und in sein Leben zurückfindet".

Im Unterschied zu Merkel erwähnte Außenminister Guido Westerwelle auch die Mitwirkung eines Vermittlers des Bundesnachrichtendienstes (BND). "Ich bin froh, dass Deutschland zu Gilad Schalits Freilassung beitragen konnte", sagte der FDP-Politiker. "Die Bereitschaft zu helfen war für uns selbstverständlich." Auch Westerwelle äußerte die Hoffnung auf eine Wiederbelebung des Friedensprozesses.

Gilad Schalit salutiert vor dem israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu bei seiner Ankunft auf einem israelischen Luftwaffenstützpunkt. (Foto: AP)

Bundespräsident Christian Wulff drückte seine Erleichterung in einem Brief an den israelischen Präsidenten Schimon Peres aus: "Deutschland freut sich mit Ihnen, der Familie Schalit und ganz Israel über die Freilassung und glückliche Heimkehr von Gilad Schalit." Auch der Bundespräsident äußerte in seinem Schreiben die Erwartung, "dass die Rückkehr von Gilad Schalit auch ein Zeichen setzt für eine friedliche Zukunft Israels und der Region". Auch an die Eltern des Soldaten wandte er sich in einem weiteren Brief. Wulff hatte Aviva und Noam Schalit auf einer Israel-Reise im November 2010 zu einem Gespräch getroffen.

Der Präsident des Europaparlaments, Jerzy Buzek, erklärte in Brüssel, Schalits Schicksal zeige, dass "wir nicht den Glauben in das Streben nach Versöhnung verlieren dürfen".

Auch der britische Premierminister David Cameron zeigte sich erfreut und erleichtert über die Freilassung. "Ich gratuliere Premierminister Netanjahu und allen anderen Beteiligten dafür, ihn sicher nach Hause gebracht zu haben, und hoffe, dass dieser Gefangenenaustausch den Frieden einen Schritt näher bringen wird", teilte Cameron mit. Großbritannien werde Israel im Kampf gegen den Terrorismus weiter zur Seite stehen.

"Überschattet von zynischen Kundgebungen"

Zwiespältig fiel die Reaktion des Zentralrats der Juden in Deutschland aus: Zwar sprach Zentralratspräsident Dieter Graumann von einem "Tag der Freude". Allerdings sei mit der Freilassung von tausend palästinensischen Gefangenen, darunter verurteilter Mörder, der Preis für die Freiheit des 25-Jährigen sehr hoch. Doch der Schritt sei richtig gewesen, um Schalits Gefangenschaft nach mehr als fünf Jahren zu beenden.

Überschattet werde der Tag von den "zynischen Kundgebungen" der Palästinenser für Terroristen, "die Blut an ihren Händen haben", sagte Graumann. Vom Geist der Versöhnung seien die Verhandlungen über die Freilassung zwischen Israel und der radikal-palästinensischen Hamas sehr weit entfernt. "Noch am Tag der Freilassung hat Hamas erklärt, dass sie immer wieder 'neue Schalits' entführen würde", sagte Graumann, der sich zu einem Besuch in Israel aufhielt.

Das American Jewish Committee (AJC) in Berlin dankte der Bundesregierung für die jahrelange Vermittlungsarbeit, die den Weg zum Gefangenenaustausch geebnet habe. "Die Unterstützung des Bundestags, der die Freilassung Schalits in einer Resolution vom November 2010 gefordert hat, war ein Zeichen für die Bedeutung dieses Anliegens für die deutsche Bevölkerung. Ebenso würdigte das AJC die Rolle der ägyptischen und türkischen Regierungen, die die Verhandlungen zum positiven Abschluss gebracht hätten.

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