Ägypten in der Antike:Punt, das Goldland

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Schon seit dem Alten Reich unternahmen die Ägypter aufwendige Expeditionen durch die Wüste und über das Rote Meer in dieses sagenhafte Land. Aber: Wo lag es?

Von Harald Eggebrecht

Es muss für die Menschen in Altägypten zur Zeit der Pharaonin Hatschepsut, die im Neuen Reich ungefähr zwischen 1479 bis 1458 vor unserer Zeitrechnung das Land am Nil regiert hat, eine Sensation gewesen sein, als sie sahen, was da alles von der großen Expedition aus dem Goldland Punt mitgebracht wurde.

Gewiss auch für Hatschepsut selbst, die für diese kühne Unternehmung fünf Schiffe hatte ausrüsten lassen unter dem Kommando ihres Schatzmeisters Nehesi. Und nun das imponierende, Staunen erregende Ergebnis: Kostbare Myrrhebäume, deren Wurzeln in Erdballen geschützt wurden, damit man sie in Ägypten anpflanzen konnte. Dann Elfenbein für feinste Auszierungen und Schnitzereien, Amphoren voller Goldstaub. Oder ein lebendiges, schier unglaubliches Tier mit endlos langem Hals, also eine Giraffe. Neben anderen Tieren hüpften auch exotische Paviane herum. Außerdem wurden große Mengen Weihrauchs geliefert.

All das kann man in der grandiosen mehrstufigen Anlage sehen, welche die Königin in Theben im heutigen Deir el-Bahri als ihren Totentempel errichten ließ. Einen ganzen Saal nehmen da die Reliefdarstellungen ein, die Hatschepsuts Expedition nach Punt gleichsam dokumentieren.

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Auch vom sagenhaften Punt selbst kann man sich in diesem Tempel ein gar nicht so unscharfes Bild machen. In runden Hütten auf Stelzen unter Dattelpalmen und Platanen wohnten die Puntianer. Hunde lagen unter den Behausungen, exotische Vögel flogen umher.

Auch Leoparden, ein Nilpferd, Giraffen und Affen sind zu sehen. Für heutige Betrachter ein sehr afrikanisch anmutendes Ambiente. Außerdem gibt sich König Parihu mit stolz nach vorn gebogenem Kinnbart und seine Familie die Ehre: seine dicke Gemahlin Ati mit Fettwülsten, schwerem Hohlkreuz und herausragendem Hinterteil, doch geschmückt mit Ringen und Halskette, die auch schon zur Fettleibigkeit neigende Tochter und ihre schlanken Brüder.

Doch nirgendwo gibt es einen geografisch unzweifelhaften Hinweis, wo denn dieses so idyllische wie reiche Land Punt genau gelegen hat. Immerhin weiß man durch Hatschepsuts Expedition, dass über das Rote Meer gefahren werden musste, um Punt zu erreichen. Aber Hatschepsut war keinesfalls die erste, die nach Punt strebte.

Erkenntnisse aus Pavian-Mumien

Schon im Alten Reich hatte Pharao Sahure aus der 5. Dynastie (Regierungszeit 2496 bis 2483 v. Chr.) Schiffe nach Punt erfolgreich ausgesandt. So bekam er die in der Antike sehr geschätzte Gold-Silber-Legierung Elektron von dort geliefert, in den Resten seines Totentempels in Abusir wurden Abbildungen gefunden, die vier Schiffe zeigen und auch die wohl verpackten Myrrhebäume, die der Pharao dann huldvoll selbst in seinem Garten hegt. Er versuchte diese harzreichen Gewächse im Niltal sogar heimisch zu machen, was offenbar nicht wirklich gelang.

Drei Könige später ließ sich auch Pharao Djedkare aus Punt mit Luxusgütern beliefern. Und es gibt weitere Berichte von Fahrten nach Punt, die auch nach der berühmten Expedition von Hatschepsut in das Goldland unternommen wurden. Das Wissen um die geografische Lage Punts und den Weg dorthin verschwand aber langsam nach der Regierungszeit von Ramses III. (1183 bis 1152 v. Chr.).

Immerhin: Myrrhe gedeiht am Horn von Afrika, was auf die heutigen Länder Somalia, Eritrea und Äthiopien hinweist. Und es gibt in Somalia einen Teilstaat, der sich bewusst Puntland nennt nach eben jenem legendären Punt. Dass die alten Ägypter das Meer tatsächlich befahren konnten, wurde 2004 durch die Entdeckung jenes Hafens im Wadi Gawasis endgültig bestätigt, von dem aus sie aufs Rote Meer hinaus segelten. Das Team um die Archäologen Kathryn Bard von der Boston University und Rodolfo Fattovich von der Università Napoli L'Orientale fanden in einer Höhle Schiffsplanken, Ruder, aufgerollte Taue und 21 leere Holzkisten. Auf einer war dann über ihren Inhalt zu lesen: "Wundervolle Dinge aus Punt."

Auftraggeber für diese Punt-Expedition war Pharao Amenemhet III. Da man dort auch Keramikreste aus dem Mittleren Reich fand, ist anzunehmen, dass Wadi Gawasis seit alters her der Starthafen nach Punt gewesen sein könnte. Um dort hinzugelangen, mussten die Ägypter von Koptos aus, einem Handelsort am Nil, ihre auseinandergenommenen Schiffe, Proviant und anderes 175 Kilometer durch die Wüste bis zum Roten Meer schleppen und dort wieder zusammenbauen, um starten zu können. Wenn sie dann reich beladen aus Punt zurückkehrten, war der Rückweg noch viel schwieriger.

Es hat eine ganze Weile gedauert, bis die Ägyptologen die ungefähre geografische Lage Punts einigermaßen überzeugend eingrenzen konnten. Vor der Entdeckung des Hatschepsuttempels vermuteten man, Punt läge auf jeden Fall östlich von Ägypten, wohl in Asien, sprich Arabien. Durch eine Inschrift im Hatschepsuttempel, die Götter hätten die Grenzen Ägyptens nach Süden so weit wie Punt gezogen, war dann die afrikanische Ostküste im Gespräch sogar übers Horn von Afrika hinaus bis hinunter nach Mosambik. Letzteres scheint wegen der großen Entfernung sehr unwahrscheinlich.

Neue Hinweise auf die vermutliche Lage Punts haben die Untersuchungen des Anthropologen Nathaniel Dominy ergeben, der Sauerstoff- und Strontiumisotope von Pavianmumien aus dem Britischen Museum mit denen von lebenden Pavianen verglichen hat. Der Vergleich ergab, dass die Mumien von dort kamen, wo heute Paviane sind. Da in Ägypten keine Paviane lebten, wohl aber bis heute in Somalia, Eritrea, Äthiopien und auch im Jemen, wäre Punt wohl auch dort zu suchen.

© SZ vom 22.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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