Prozess gegen spanischen Richter Garzón:Mehr selbstgerecht als fair

Im Ausland ist er ein Star, im eigenen Land darf er nicht arbeiten: Weil der spanische Richter Baltasar Garzón trotz Amnestiegesetz zur Franco-Ära ermitteln wollte, sollte er auch noch wegen Amtsmissbrauch angeklagt werden. Jetzt haben die Richter ihn freigesprochen. Sinn für Gerechtigkeit beweisen sie damit nicht - sondern Opportunismus.

Javier Cáceres

Auf den Freispruch für den spanischen Untersuchungsrichter Baltasar Garzón muss man nicht allzu viel geben. Nur das Allernötigste.

Der spanische Richter Baltasar Garzón vor seinem Prozess am Obersten Gerichtshof in Madrid. Er wird freigesprochen, sein Berufsverbot bleibt bestehen. (Foto: AFP)

Dass der Oberste Gerichtshof nun befand, der weltberühmte "Tyrannen-Jäger" habe keine Rechtsbeugung betrieben, als er Menschenrechtsverbrechen aus der Zeit des Bürgerkriegs und der anschließenden Franco-Diktatur (1936-1975) untersuchen wollte, war vor allem ein billiger und absehbarer Versuch der Gesichtswahrung und Schadensbegrenzung. Seht her, wir haben es gar nicht auf Garzón abgesehen, wir sind imstande, ihn freizusprechen, wenn er es denn verdient, soll das Urteil signalisieren.

Garzón mit Berufsverbot regelrecht vernichtet

Adressat ist hierbei vor allem eine erstaunte internationale Öffentlichkeit. Denn diese fragt sich seit einiger Zeit zu Recht, aus welcher Zeit der Muff eigentlich stammt, der in spanischen Richterroben hängt. Dazu kommt: Der Freispruch ging den Richtern vor allem deshalb so locker von der Feder, weil sie Garzón vor weniger als einem Monat in einem anderen Verfahren nicht bloß mit einem elfjährigen Berufsverbot belegt, sondern regelrecht vernichtet hatten.

Natürlich gehörte Garzón im Franquismus-Prozess freigesprochen. Doch die Begleitumstände legen politische und persönliche Motive der Richter nahe - und lassen deshalb jeden Applaus verstummen.

Diese Absolution war kein Akt der Gerechtigkeit. Sondern der Selbstgerechtigkeit. Es werden Jahre ins Land gehen, ehe der Ruf der spanischen Justiz wiederhergestellt ist. Ein erster Schritt dazu könnte darin bestehen, dass die franquistischen Verbrechen tatsächlich untersucht werden. Doch ob sich dafür in Spanien Richter finden, ist nun fraglicher denn je.

© SZ vom 28.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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