Proteste in Iran:Oppositioneller soll sterben

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Ein iranisches Gericht verhängt offenbar das erste Todesurteil wegen der Juni-Proteste. Die Entscheidung könnte düsterer Vorbote weiterer drakonischer Strafen sein.

Tomas Avenarius

In Iran ist nach den Protesten gegen die Präsidentenwahl angeblich das erste Todesurteil gegen einen Anhänger der Regimekritiker verhängt worden. Der Mann soll Mohammed-Reza al-Samani heißen und Monarchist sein. Eine Bestätigung von Seiten der iranischen Justiz oder der Familie des Mannes steht aus.

Proteste im Juni in Teheran: Jetzt soll der erste Teilnehmer hingerichtet werden. (Foto: Archivfoto: Getty)

Normalerweise können Todeskandidaten in Iran Berufung einlegen. Ob diese Möglichkeit auch für die Gerichte gilt, die in Massenprozessen über Oppositionsanhänger verhandeln, ist unklar. In Iran werden Todesurteile meist mit dem Strang vollzogen und das häufig öffentlich. Das Auswärtige Amt in Berlin und die Regierung Frankreichs nannten das Todesurteil ungerechtfertigt. Teheran müsse sich an die internationalen Vorgaben zum Schutz seiner Bürger halten. "Wir erwarten, dass das Todesurteil aufgehoben wird."

Monarchisten in der Nebenrolle

Über das angebliche Urteil hatte zuerst die der Opposition zugeordnete Internet-Seite Mowjcamp.com berichtet. Über den Mann selbst ist wenig bekannt. Der Internet-Seite zufolge handelt es sich bei al-Samani um einen Anhänger einer monarchistischen Gruppe. Die Monarchie wurde in Iran mit der islamischen Revolution von 1979 abgeschafft. Dieser Teil der Opposition ist relativ unbedeutend. Der im amerikanischen Exil lebende Sohn des letzten Schah hatte bei den Protesten gegen die Präsidentschaftswahl im Juni nur eine Nebenrolle gespielt.

Ein erstes Todesurteil gegen einen eher unbekannten Oppositionellen könnte eine düstere Vorausschau auf andere Richtersprüche sein: Noch immer sind mindestens hundert Anhänger der Opposition in Haft. Unter ihnen sind wichtige Berater der beiden Oppositionsführer Mir-Hussein Mussawi und Mehdi Karroubi. Inhaftiert wurden aber auch viele einfache Iraner, die an den Protesten teilgenommen hatten. Einzelne führende Oppositionelle wurden inzwischen wieder freigelassen. Die meisten stammten aus angesehenen Familie oder aus der schiitischen Gelehrtenkaste.

Die Prozesse selbst wurden zu Anfang öffentlich abgehalten. Sie hatten den Charakter von Schauprozessen. Einzelne Angeklagte, ersichtlich von Verhören und möglicherer Misshandlung gezeichnet, legten Geständnisse und Gnadengesuche ab, die ihre Mitgefangenen und die beiden Oppositionsführer schwer belasteten. Sie erklärten, die Proteste seien aus dem Ausland angefacht worden.

In den Gefängnissen sollen die Bedingungen weiter skandalös sein. So hatte die Opposition von Folter und Einzelhaft berichtet. Mindestens ein Mann starb an den Folgen von Misshandlungen. Wegen der Proteste gegen die Haftbedingungen wurde das Gefängnis Kharizak sogar vom Obersten Geistlichen Führer Ayatollah Ali Chamenei geschlossen. Die Opposition hat wiederholt erklärt, das sowohl weibliche als auch männliche Gefangene von den Aufsehern vergewaltigt worden seien. Dies bestritt jetzt Ismail Ahmadi-Moqaddam, der oberste Polizeichef: Es habe "schändliche Verfehlungen" im Gefängnis Kharizak gegeben, aber keine Vergewaltigung.

© SZ vom 09.10.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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