Proteste in Birma:Hoffnung auf bloßen Füßen

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In Birma fordern Tausende Mönche die hochgerüstete Armee heraus - und brauchen Hilfe von außen.

Oliver Meiler

Gegen Waffen reichen in der Regel andere Waffen, bessere, schnellere, tödlichere Modelle. Doch was wirkt gegen Gebete?

Auch bei schweren Regenfällen setzen die Mönche ihre friedlichen Proteste fort. (Foto: Foto: dpa)

In Birma stehen sich junge, barfüßige Mönche und eine gut gerüstete Armee gegenüber. Seit Tagen schon formiert sich der Protest. Die buddhistischen Mönche haben angekündigt, sie würden so lange durch die Städte marschieren und beten, bis die ,,Soldatenkönige'' zusammenbrechen.

Die Generäle schweigen. Sie warten ab, unentschlossen, fast ohnmächtig. Das ist sonst nicht ihre Art. Sie sind als besonders ruchlos bekannt, als Ausbeuter des Volkes. Was sich auch immer regte, und war der Protest auch noch so sanft, es wurde gnadenlos niedergeknüppelt.

Seit dem Staatsstreich von 1962 regiert das Militär Birma mit unfassbarer Härte. Es schüchtert die Birmanen ein mit Vergewaltigung, mit Vertreibung, mit Wegsperren und der Folter von Studenten, mit dem Niederbrennen von Dörfern ethnischer Minderheiten.

Vor nichts schrecken Birmas bizarre Herrscher zurück. Einer der Generäle ist besessen von Astrologie, der andere gilt als schwerer Trinker. Unter den asiatischen Diktaturen hat nur die nordkoreanische einen noch schlechteren Ruf als die birmanische.

Und nun die Konfrontation, mit der der Protest in eine neue Dimension vorstoßen könnte.

Das Gebet der jungen Mönche könnte die Junta in die Knie zwingen. Nicht sofort und nicht ohne fremde Hilfe. Doch nie seit 1988, dem letzten großen Aufstand, schien das Regime näher am Kollaps.

Nie waren die internationalen Scheinwerfer stärker auf Birma gerichtet als gerade jetzt. Es mag auch an der Kraft liegen, die die Bilder dieser wehrlosen Mönche in ihren safranroten Tüchern ausstrahlen.

In ihnen spiegelt sich das Dilemma der Junta: Greifen die Generäle gegen die verehrten Geistlichen durch, droht ein Massenaufstand. Lässt die Junta die Demonstranten gewähren, ist die Wahrscheinlichkeit eines Massenaufstandes nicht geringer.

Im Grund bleibt dem Regime nichts anderes übrig, als zu verhandeln. Die Generäle müssen sich öffentlich entschuldigen. Sie müssen das Land öffnen, Reformen versprechen, politische Häftlinge freilassen.

Freilich wird ihnen niemand Glauben schenken - aber sie würden wenigstens Zeit gewinnen. Vielleicht müssen sie sogar die große Oppositionelle, Aung San Suu Kyi, die moralische Führerin des Volkes, aus ihrem Arrest entlassen, um die Wellen zu besänftigen.

Entscheidend aber wird sein, wie sich China verhält, der große Alliierte Birmas. Bisher standen sich die ,,vertrauensvollen Freunde'', wie sie sich gegenseitig nennen, diplomatisch, militärisch und finanziell immer bei.

China hat die Junta mit modernen Waffen, Kampfjets und Schiffen ausgestattet. Es hat beim Bau von Straßen, Brücken, Elektrizitätswerken, Dämmen und Fabriken geholfen. Dafür darf es die Ressourcen des Landes in privilegiertem Maße nutzen: vor allem Birmas Gas- und Ölvorkommen.

Geplant ist der Bau einer 1500 Kilometer langen Pipeline vom Golf von Bengalen in die südwestchinesische Provinz Yunnan.

Für das energiehungrige China ist das Geschäft mit den Generälen derart wichtig, dass es im Uno-Sicherheitsrat bisher alle Versuche von Amerikanern und Europäern durchkreuzt hat, Birma mit einer Resolution an den Pranger zu stellen.

Aber auch China ist in einer prekären Lage. Was wäre, wenn die Generäle den Protest am Ende doch niederschlagen lassen? Obschon es Mönche sind, die die Vorhut der Bewegung bilden? Obschon die Welt hinschaut?

Könnte es sich China dann noch leisten, Birmas Junta zu stützen - so kurz vor Olympia 2008 in Peking, der großen Charmeoffensive?

Um solche Fragen kreist die Hoffnung der Birmanen. Noch ist es eine kleine, barfüßige Hoffnung. Aber immerhin. Das letzte Mal, als sie ein bisschen hoffen durften, liegt 20 Jahre zurück.

© SZ vom 24.09.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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