Prognosen über Twitter:Falsches Gezwitscher

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Im Internet gab es erste Prognosen schon vor 18 Uhr - sie erwiesen sich schnell als Fälschung. Gesucht wird nun nach den Urhebern der "Enten".

Cornelius Pollmer

Wahlergebnisse nach Wunsch: Zwei Stunden vor Schließung der Wahllokale sind heute erneut angebliche Prognosen im Internet veröffentlicht worden. Beim Kurznachrichtendienst Twitter kursierten schon am Nachmittag Dutzende, zum Teil deutlich unterschiedliche Zahlen zum Ausgang der Wahl.

User FDP_Unna twittert Wahlergebnisse. Mit der FDP Unna hat er angeblich nichts zu tun. (Foto: Foto: Screenshot)

Zahlreiche Nutzer beriefen sich bei ihren Mitteilungen auf eine Prognose des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap. Tatsächlich wichen die vorab verbreiteten Prognosen einiger Nutzer nur geringfügig von der tatsächlichen Infratest-Zahlen ab.

Geldstrafen drohen

Ein Sprecher des Bundeswahlleiters kündigte an, sämtliche Einträge auf ihre Echtheit überprüfen zu wollen. Ein eigens zusammengestelltes Team verfolgte dafür am Wahltag das Geschehen im Netz. Schon bei den Landtagswahlen am 30. August in Thüringen, dem Saarland und Sachsen kursierten Stunden vor Schließung der Wahllokale angebliche Zahlen zum Wahlausgang im Internet. Wenn sich herausstellt, dass solche Zahlen tatsächlich auf Werten beruhen, die von den Meinungsforschern vorab etwa an ausgewählte Politiker und Journalisten herausgegeben werden, droht dem Veröffentlicher eine Strafe von bis zu 50.000 Euro.

In solch einem Fall kann sogar das Wahlergebnis angefochten werden. Die Veröffentlichung der auf Nachwahlbefragungen beruhenden Ergebnis-Prognosen vor Schließung der Wahllokale ist nach dem Bundeswahlgesetz verboten. Das Verbot soll verhindern, dass Wähler in ihrer Entscheidung beeinflusst werden.

Bei den Landtagswahlen hatten vorab via Twitter veröffentlichte Zahlen für großen medialen Wirbel gesorgt. Diese Aufmerksamkeit hat offenbar viele Trittbrettfahrer auf den Plan gerufen. So liefen bei Twitter neue Zahlen im Minutentakt ein. Deren Überprüfung kann sich dem Sprecher des Bundeswahlleiters zufolge bis nach dem Wahltag hinziehen.

Fiktive Zahlen und Quellen

Ein Großteil des Gezwitschers allerdings erwies sich schnell als falsch. So wollten einige Twitter-Nutzer sogenannte Exit-Polls auf zwei Nachkommastellen genau erfahren haben. Andere versuchten, ihre fiktiven Zahlen mit fiktiven Quellen zu belegen. Gleich mehrere Nutzer nannten den Twitter-Account "@focus" als Urheber der Zahlen. Diesen Account gibt es zwar bei Twitter, es wurde darüber aber bisher keine einzige Nachricht verbreitet. Ein anderer Nutzer verwies auf eine falsche Webseite des Meinungsforschungsinstituts Forsa.

Als ambitionierter im Versuch, gefälschte Zahlen über Twitter zu verbreiten, erwies sich der Twitter-Nutzer "@fdp_unna". Am Nachmittag schrieb er: "Hören gerade aus Berlin Prognose: #CDU...". Und wenig später: "Gerade Anruf aus Berlin bekommen, nehmen Prognose wieder runter. Hoffen aber noch."

Wer hinter dem Account steckt, ist bisher unklar. Die FDP in Unna jedenfalls ist es nicht. "Diese Zahlen sind nicht von uns und der Account ist es auch nicht", sagte Martin Bick auf Anfrage von sueddeutsche.de. Er recherchiere gerade, wer hinter "@fdp_unna" stecke - lustig findet er den falschen Zugang beileibe nicht: "Wir verwahren uns dagegen, dass unser Name in den Schmutz gezogen wird."

© sueddeutsche.de/dpa/AP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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