Michal Šimečka verspricht seinem Land eine Zukunft. Mit ihm soll alles anders werden in der Slowakei, mit Sachverstand und Anstand will er Konflikte und Chaos beenden. Eine "normale Politik" soll es geben mit ihm und seiner Partei Progresívne Slovensko - Progressive Slowakei, kurz PS.
Alle Politiker versprechen gern einen Wandel nach der Wahl. Doch Michal Šimečka und seine Partei fallen auf in der Vielfalt der Kandidaten. Elf Parteien kämpfen in der Slowakei derzeit darum, bei der vorgezogenen Wahl am 30. September einen Platz im Nationalrat zu erringen. Derzeit regiert ein parteiloses Expertenkabinett ohne Vertrauen des Parlaments. Es kandidieren populistische, eine faschistische, eine christliche, eine marktliberale, eine Partei der ungarischen Minderheit - konservativ sind sie alle. Bis auf die PS. In Umfragen mit um die 17 Prozent derzeit die zweitstärkste.
Alle Nachrichten im Überblick:SZ am Morgen & Abend Newsletter
Alle Meldungen zur aktuellen Situation in der Ukraine und weltweit - im SZ am Morgen und SZ am Abend. Unser Nachrichten-Newsletter bringt Sie zweimal täglich auf den neuesten Stand. Hier kostenlos anmelden.
Die PS ist der Sonderfall. Liberal und klar pro EU, auf der Kandidatenliste der Partei wechseln sich jeweils Mann und Frau ab, im Programm Ehe für alle und Photovoltaik auf jedem Dach - das hat sonst niemand auf dem Zettel.
Die Partei fällt aus dem Rahmen genauso wie ihr Anführer Šimečka. Er steht selbst für das, was der Partei eines der größten Anliegen ist: Aus der Slowakei ein Land zu machen, in dem junge Menschen bleiben oder in das sie wieder zurückkehren. Die Partei ist fünf Jahre alt und Šimečka mit seinen 39 Jahren einer der jüngsten Kandidaten. Wenn er von einer besseren Zukunft spricht, dann meint er auch seine eigene und die seiner Tochter. Studiert hat er Politikwissenschaften in Prag und Oxford, beriet zwei Jahre lang einen tschechischen Außenminister, arbeitete für Abgeordnete im Europäischen Parlament. Dort hat er seit 2019 selbst einen Sitz.
Seine Familie leistete Widerstand gegen das kommunistische Regime
Nun will er zu Hause in der Slowakei gern Premierminister werden. Dass ihm sein Land und dessen 5,4 Millionen Einwohner am Herzen liegen, begründet er auch mit seiner Familiengeschichte. Der Name Šimečka ist in der Slowakei und auch in Tschechien bekannt, Vater und Großvater, Mutter und Großmutter litten nicht nur unter dem kommunistischen Regime, sie kämpften auch dagegen. Vater Martin Šimečka gründete 1989 die Bewegung "Öffentlichkeit gegen Gewalt" mit. Für ihn sei diese Familiengeschichte eine "starke Verpflichtung", sagt Michal Šimečka.
Šimečka wird von fast allen Seiten angegriffen, Unerfahrenheit wird ihm vorgeworfen oder dass er von der EU korrumpiert sei. Er selbst bleibt dabei sachlich und lässt sich nicht von Hassreden und persönlichen Angriffen treiben. Wirkte er früher noch nervös, schien er dann mit jedem Fernsehauftritt an Sicherheit zu gewinnen. Einfache Versprechen, etwa die Lebensmittelpreise zu senken, sind seine Sache nicht. Šimečka sagt, wo es schwierig wird. Und ruft schlicht dazu auf, zu wählen. Nicht, seine Partei zu wählen.
Bisher funktioniert das. Stand die Partei im Frühjahr in Umfragen noch zwischen acht und neun Prozent, hat sie sich nun verdoppelt. Šimečka will einen "Wandel der gesellschaftlichen Atmosphäre". Klingt wolkig, beschreibt aber das Gefühl, aus dem heraus die PS entstanden ist. Das war 2018 nach dem Doppelmord an dem Journalisten Ján Kuciak und dessen Freundin. Aus der Protestbewegung gegen die Regierung entstand eine neue Partei. Ihr Hauptgegner: Robert Fico. Der Ex-Premier steht für seine Gegner für den Mafia-Staat, den sie endlich überwinden wollen. Fico führt mit seiner Partei Smer-SD die Umfragen an.
Die Slowakei, sagt Šimečka, entscheidet am Samstag über den Weg zurück zu einem korrupten Staat, in dem die Demokratie bedroht ist. Oder hin zu einem Staat, in dem Menschen sich verwirklichen können - auch er selbst.