Plakataktion "Vermisst":Unionspolitiker kritisieren Anti-Islamismus-Kampagne

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Die Opposition gegen die Anti-Islamismus-Kampagne des Innenministeriums war bislang schon heftig, doch nun schließen sich auch Unionspolitiker den Kritikern an. Rupert Polenz fordert ein Ende der umstrittenen Plakataktion.

Kritik an seiner "Vermisst"-Kampagne kommt nun auch aus der eigenen Fraktion von Innenminister Hans-Peter Friedrich. (Foto: dapd)

Einen leichten positiven Nachgeschmack dürfte die "Vermisst"-Kampagne für Hans-Peter Friedrich haben. Denn den gewünschten Effekt dürfte sie erreicht haben - schließlich bleibt auch schlechte Werbung immer noch Werbung. Mit Anzeigen, die Porträts in Schwarz-Weiß zeigen, über denen der Hilferuf "Vermisst" prangt, mit Plakaten, die sich in der Optik zwischen Vermisstenanzeige und Verbrecherfahndung bewegen, wollte das Bundesinnenministerium für seine Beratungsstelle Radikalisierung werben.

Der Aufruhr um diese Anti-Islamismus-Kampagne ist groß, die Kritik heftig: Ende August lief die Werbemaschinerie zunächst im Internet an, zum Entsetzen von muslimischen Verbänden. Auch aus SPD und FDP wurde Kritik laut. "Die Bilder von nett aussehenden Muslimen im Zusammenhang mit dieser Kampagne suggerieren, dass jeder ein Fanatiker oder sogar Terrorist sein kann", sagte Aydan Özoğuz, Integrationsbeauftragte und stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD, damals zu Süddeutsche.de. Außerdem sei nicht klar umrissen, was "radikal" eigentlich konkret bedeutet: "Wird die Innenbehörde bereits aktiv, wenn mein Kind zum Islam konvertiert?"

CSU-Minister Friedrich hat die geplante Plakataktion inzwischen auf unbestimmte Zeit verschoben, aufgrund einer aktuellen Gefährdungsbewertung des Bundeskriminalamtes nach den gewaltsamen Protesten gegen den Mohammed-Schmähfilm. Postkarten und andere Materialen werden aber ansonsten weiterhin planmäßig verteilt - zum Unverständnis der Kritiker.

Dagegen regt sich nun offenbar auch scharfer Widerstand aus Friedrichs eigener Fraktion: "Das Innenministerium muss erkennen, dass es so nicht geht", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Ruprecht Polenz (CDU) der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Nach Informationen der Zeitung sehen zahlreiche Unionsfraktionsmitglieder die Kampagne kritisch.

"Die Kampagne sollte abgesetzt werden"

Polenz fordert, die Werbeaktion abzubrechen. "In dieser Form sollte die Kampagne nicht fortgesetzt werden", sagte er. Zwar sei die Absicht im Grundsatz richtig. Allerdings werde durch die verwendeten Plakate "die gesamte muslimische Minderheit in die Nähe von Extremismus und Fundamentalismus gerückt". Auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung und CDU-Politikerin Maria Böhmer äußerte in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung Zweifel, "ob mit einer solchen Visualisierung das Ziel erreicht wird".

Der zuständige Minister Friedrich wies die fortlaufende Kritik an der Aktion hingegen zurück. "Mich ärgert es, dass die Kampagne missbraucht wird, um mir eine islamfeindliche Einstellung vorzuwerfen", sagte Friedrich dem Tagesspiegel. Die Materialien richteten sich auch "an junge Konvertiten", betonte der Minister. Deshalb zeige die Hälfte der Plakate einen blonden, deutschen Jungen. Die andere zeige junge Türken oder Araber.

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