Philippinen:Fäuste voran

Lesezeit: 3 min

Der philippinische Präsident Rodrigo Duterte umwirbt Russland. Für die USA könnte das den Verlust ihres wichtigsten Partners in Südostasien bedeuten.

Von Frank Nienhuysen, Arne Perras, Singapur/München

Meistens hatte Präsident Rodrigo Duterte die Hände lässig in den Hosentaschen, doch am Ende seiner Besichtigungstour auf dem russischen Kriegsschiff Admiral Tribuz sollte es doch noch eine gemeinsame Demonstration der Entschlossenheit geben. Dafür scharte Duterte die russischen Marine-Offiziere um sich und streckte für die Kameras seine geballte Rechte nach vorn. Die Philippiner kennen die martialische Geste, sie nennen sie die "Duterte-Faust". Den Russen schien es zu gefallen, sie machten sie eifrig nach.

So viel geballten russisch-philippinischen Kampfgeist hatte man bislang nicht gesehen. Und das dürfte auch der Zweck des Videos gewesen sein, das Duterte vom russischen Flottenbesuch im südostasiatischen Inselstaat veröffentlichen ließ. Manila und Moskau, ist das nun der Beginn einer wunderbaren neuen Freundschaft?

Duterte scheint es sich so zu wünschen. Schon im November hatte er nach einem ersten Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin, seinem Idol, in Lima erzählt, sie seien "schnell Freunde" geworden. Und was könnte die Nähe besser besiegeln als die Präsenz der Putin'schen Flotte, die mit zwei Schiffen aufkreuzte? Seine russischen Freunde könnten jederzeit andocken, sagte Duterte kumpelhaft: "zum Spaß, um Vorräte aufzunehmen oder als Verbündete, um uns zu beschützen".

Vor welchem Feind die Philippinen konkret beschützt werden müssten, sagte er nicht. Der russische Admiral Eduard Michailow, Vizekommandeur der russischen Pazifik-Flotte, nannte die Gefahr des Terrorismus und den Kampf gegen die Piraterie. Doch wie Duterte vermied er es, die territorialen Konflikte im Südchinesischen Meer anzusprechen, die das Verhältnis zwischen Washington und Peking belasten.

Wenn sich die US-Regierung als traditionelle Schutzmacht Manilas provoziert fühlte, ließ sie sich das zunächst nicht anmerken. Der Verteidigungspakt zwischen Amerika und den Philippinern bleibe "sehr, sehr stark", versicherte Washington. Tatsächlich aber können die Amerikaner ihre Ratlosigkeit über Manila nur schwer verbergen. Staatschef Duterte pocht darauf, er wolle mehr Unabhängigkeit für sein Land; er hat den Bruch mit Washington lauthals verkündet, aber nicht vollzogen. Und er wirbt um ein besseres Verhältnis zum langjährigen Gegner China, obwohl beide um Ansprüche im Meer streiten.

Die Amerika-Skepsis von Präsident Duterte kommt Moskau sehr gelegen

Nun kommt noch der Wunsch Dutertes nach größerer Nähe zu Russland dazu. Manila will russische Touristen an die Tropenstrände locken. Admiral Michailow hob indessen hervor, dass sein Land russische Militärtechnologie in Manila vorführen wolle. Vom Westen ist Duterte scharf für seinen Anti-Drogen-Krieg kritisiert worden, Washington hielt zuletzt den Verkauf von 26 000 Gewehren an die Philippinen zurück, was Duterte erboste. Moskau bietet sich nun als alternativer Lieferant an. Das allein kann allerdings kaum erklären, weshalb die Russen so eifrig Flagge zeigen.

Moskau kommt Dutertes Amerika-Skepsis sehr gelegen, denn es versucht schon seit Langem, seinen Einfluss in Asien auszuweiten. Vor allem seit Beginn der Spannungen mit Europa und den USA verstärkt die russische Führung ihre außenpolitischen Ambitionen in anderen Regionen - nicht nur in Nahost, auch in Asien. Sein Verhältnis zu China hat Russland bereits deutlich verbessert. Doch es will sich vom selbstbewussten Peking auch nicht allzu abhängig machen.

Wenn Moskau eine Schlüsselrolle in der gesamten asiatisch-pazifischen Region spielen möchte, braucht es auch mehr Einfluss in Südostasien. Daran hat es, abgesehen vom traditionell engen Verhältnis zu Vietnam, bisher gemangelt. Was vor allem auch daran liegt, dass russische Unternehmen kaum investiert haben. Das soll sich nun ändern. Bereits beim Treffen mit Duterte im November sprach Putin über künftige Investitionen, etwa beim Bau von Schienen und Zugwaggons sowie über diverse Investitionen in die philippinische Wirtschaft. Im Frühjahr wird Duterte in Moskau erwartet, bis dahin dürften die gemeinsamen Pläne konkreter werden. "Dutertes Charme-Offensive ist eine tief hängende Frucht für Moskau, um die Präsenz in der Region zu stärken", sagt Anton Zwetow, Südostasien-Experte am Moskauer Zentrum für Strategische Studien.

Ob sich aus dem demonstrativen Schulterschluss im Hafen ein dauerhafter Pakt mit Moskau entwickelt, muss sich noch erweisen. Der russische Botschafter in Manila sagte: "Wir streben keine Militärallianz mit Manila an." Vielmehr helfe man sich nur gegenseitig, wo es nötig sei. Das klingt fast bescheiden. Doch Washington und Peking könnten diese Worte auch anders lesen. Denn mit den Russen drängt nun eine weitere Großmacht in die Zone des Südchinesischen Meeres, wo sich schon die Amerikaner und die Chinesen belauern.

© SZ vom 10.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: