Personalien im Weißen Haus:Der Zorn der Trumps

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First Lady Melania und US-President Donald Trump (Foto: AFP)
  • In Washington gilt es als sicher, dass US-Heimatschutzministerin Kirstjen Nielsen bald ihren Posten räumen muss. Der US-Präsident ist wegen der Situation an der US-Grenze zu Mexiko mit ihr unzufrieden.
  • Mit Nielsen könnte auch Trumps Stabschef John Kelly gehen, der durch einen Rauswurf der Ministerin beschädigt werden könnte.
  • In einem äußerst ungewöhnlichen Vorstoß hat sich auch die First Lady in die Personaldebatte eingeschaltet. Sie fordert die Entlassung der stellvertretenden Nationalen Sicherheitsberaterin Mira Ricardel.

Von Christian Zaschke, New York

US-Präsident Donald Trump vermisst die Tage des Wahlkampfs. Vor den Kongresswahlen trat er fast täglich in großen Hallen oder in Flugzeughangars auf, und immer jubelte ihm die Menge zu. In jenen Tagen fühlte sich der Präsident in seinem Element, er liebt die Bestätigung und die Bewunderung. Nun aber hat ihn der Alltag zurück. Dass die Demokraten die Mehrheit im Repräsentantenhaus gewonnen haben, nagt viel mehr an ihm, als er es zugibt, verlautet aus seinem Umfeld. Außerdem ist er sauer darüber, welch ein PR-Desaster es war, dass er am Wochenende bei seinem Besuch in Paris eine Veranstaltung zum Gedenken an das Ende des Ersten Weltkriegs vor hundert Jahren wegen schlechten Wetters sausen ließ. Deshalb hat Trump jetzt das Gefühl, er müsse etwas tun.

In Washington gilt es als sicher, dass Heimatschutzministerin Kirstjen Nielsen das erste Opfer seines Zorns sein wird. Das liegt unter anderem daran, dass Trump der Ansicht ist, die Ministerin setze seine Wünsche nach deutlich strikterem Vorgehen an der Grenze zu Mexiko nicht entschieden genug um. Nach Angaben aus ihrem Ministerium habe Nielsen mehrmals versucht, Trump zu erläutern, wie komplex die Vorgänge an der Grenze seien, was diesen aber im Detail nicht interessiere. Er wolle vor allen Dingen die Einwanderung massiv verringern. Im vergangenen Monat sind 23 121 Menschen an der Grenze aufgegriffen worden, größtenteils auf eigenen Wunsch, um Asyl beantragen zu können. Im Vormonat waren es 16 658 Menschen. Dabei handelte es sich um Familien, die vorwiegend aus Zentralamerika stammen, aus Guatemala, El Salvador und vor allem Honduras. Trump sind diese Zahlen viel zu hoch, und er macht Nielsen dafür verantwortlich.

Trump fühlt sich von Stabschef Kelly gegängelt. Außerdem hält er ihn für zu gemäßigt

Zudem misstraut er ihr, weil sie auch für die Regierung von George W. Bush gearbeitet hat. Intern nennt er sie bisweilen "Bushie", womit er andeuten will, dass er an ihrer Loyalität zweifelt. Vor allen Dingen aber könnte Trump, indem er Nielsen feuert, seinen Stabschef John Kelly beschädigen und diesen vielleicht zum Rückzug bewegen, ohne dass er ihn rauswerfen muss. Kelly hat Nielsen stets verteidigt, immer wieder lobt er sie in Kabinettssitzungen. Trump fühlt sich von Kelly gegängelt, weil dieser als eine Art Aufpasser im Weißen Haus fungiert, der dem Präsidenten zum Beispiel erklärt, er könne nicht mit seinem ungesicherten Privathandy in der Gegend herumtelefonieren. Außerdem ist ihm Kelly zu gemäßigt.

Gemeinsam auf Trumps Abschussliste: Stabschef John Kelly und Heimatschutzministerin Kirstjen Nielsen. (Foto: Kevin Lamarque/REUTERS)

Als möglicher Ersatz für Kelly wird Nick Ayers gehandelt, der bisher als Stabschef von Vizepräsident Mike Pence arbeitet. Ayers wäre offenbar auch der Favorit von Trumps Tochter Ivanka und deren Ehemann Jared Kushner, die beide offizielle Berater des Präsidenten sind. Allerdings ist zu beachten, dass es schon öfter Gerüchte über einen möglichen Abschied Kellys gab und anschließend jeweils exakt nichts passierte. Ursprünglich hatten sich Trump und Kelly darauf geeinigt, dass der Stabschef bis zu den Wahlen im Jahr 2020 bleiben solle, aber Trump hat wenig später gesagt, er würde nicht darauf wetten, dass Kelly so lange im Amt bleibe.

Mira Ricardel gilt unter den Republikanern als außenpolitische Veteranin

In einem äußerst ungewöhnlichen Vorstoß hat sich auch Melania Trump in die Personaldebatten im Weißen Haus eingeschaltet. Sie fordert die Entlassung der stellvertretenden Nationalen Sicherheitsberaterin Mira Ricardel. Diese gilt als außenpolitische Hardlinerin und Frau der klaren Worte. Angeblich soll sie während der Afrika-Reise der First Lady Anfang Oktober zwei Mitarbeiter von Frau Trump verunglimpft haben. Deren Büro gab nun eine Mitteilung heraus, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lässt: "Das Büro der First Lady vertritt die Position, dass sie (Ricardel) es nicht länger verdient, dem Weißen Haus zu dienen."

Mira Ricardel gilt unter den Republikanern als außenpolitische Veteranin. Bereits in den frühen 1990er-Jahren beriet sie den Senator Bob Dole, später arbeitete sie für Verteidigungsminister Donald Rumsfeld. Im jüngsten Präsidentschaftswahlkampf hatte sie Donald Trump unterstützt. Nach dessen Wahlsieg im November 2016 leitete sie das Übergangsteam, das die Übernahme des Verteidigungsministeriums nach Trumps Amtsantritt im Januar 2017 vorbereitete.

Melania Trump hatte Berater ihres Mannes in den vergangenen Wochen mehrmals vor Ricardel gewarnt. Diese verbreite negative Geschichten, unter anderem über Frau Trump selbst. Auch bei John Kelly wurde Melania Trump vorstellig. Dieser sprach mit John Bolton, dem Nationalen Sicherheitsberater und Ricardels Chef. Bolton zeigte keinerlei Neigung, sich von seiner Stellvertreterin zu trennen. Nachdem das Büro der First Lady jetzt den Schritt an die Öffentlichkeit gemacht hat, ist eine Trennung wohl unvermeidbar. Andernfalls wäre der Gesichtsverlust für Melania Trump zu groß.

© SZ vom 15.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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