SPD-Parteitag:Scholz: Mit der SPD kein Abbau des Sozialstaats

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Es gehöre zum Selbstverständnis des Landes, dass niemand aufgegeben werde. Über die Haushaltsgespräche sagt der Kanzler: "Wir stehen nicht vor einer unlösbaren Aufgabe."

Bundeskanzler Olaf Scholz hat gravierende Einschnitte bei Sozialleistungen wegen der Haushaltskrise ausgeschlossen. "Es wird in einer solchen Situation keinen Abbau des Sozialstaats in Deutschland geben", sagte Scholz auf dem SPD-Bundesparteitag in Berlin. Der Sozialstaat sei eine der größten Errungenschaften, die Deutschland zustande gebracht habe. Er gehöre zur DNA, zum Selbstverständnis des Landes, dass niemand aufgegeben werde. Das sei die Grundlage des Wohlstands, sagte Scholz.

Die Gespräche mit FDP und Grünen seien eine "sehr schwere Aufgabe". Aber er wolle Zuversicht vermitteln, "dass es gelingen wird", fügte der Kanzler hinzu. "Wir stehen nicht vor einer unlösbaren Aufgabe." Details nannte Scholz nicht. Der Kanzler wird mit Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) am Sonntag weiter über den Haushalt 2024 verhandeln. SPD und Grüne plädieren neben Einsparungen im Etat auch für eine erneute Aussetzung der Schuldenbremse, die FDP lehnt dies bisher ab.

In der Debatte über das Bürgergeld erinnerte Scholz daran, dass auch die Union dem Gesetz zugestimmt habe. "Man muss in einer solchen Situation auch einmal widerstehen", sagte er zu Forderungen, die Erhöhung für die Bürgergeld-Bezieher im kommenden Jahr zu begrenzen oder auszusetzen.

Die Haushaltskrise ist das den Parteitag beherrschende Thema. Die frisch wiedergewählte SPD-Führung aus Lars Klingbeil und Saskia Esken tritt dafür ein, die Schuldenbremse auch 2024 auszusetzen, und wehrt sich gegen die von der FDP geforderten Sozialkürzungen sowie Abstriche bei Investitionen. Stattdessen sympathisieren Esken und Klingbeil mit Steuererhöhungen.

Ein Leitantrag des Parteivorstandes, der eine Reform der Schuldenbremse fordert, wurde am Freitag bereits beschlossen. "Die Schuldenbremse ist ein Wohlstandsrisiko für unser Land geworden", sagte Klingbeil zur Begründung des Antrags. "Während andere den Turbo in die Zukunft zünden, ziehen wir in Deutschland die Handbremse an", fügte er mit Blick auf Milliarden-Investitionen in den USA, China, Indien oder Südkorea an.

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Ebenfalls bereits beschlossen wurde die Forderung, Superreiche mit einer einmaligen "Krisenabgabe" zur Kasse zu bitten. Im Gegenzug soll für 95 Prozent der Bevölkerung die Einkommensteuer sinken. Gut möglich, dass die größte Regierungspartei ihrem Kanzler auf dem ersten Bundesparteitag seit zwei Jahren weitere Botschaften mitgibt, die ihm die ohnehin komplizierten Haushaltsverhandlungen erschweren werden.

Kritik am Flüchtlingskurs der Regierung

Konfliktthema Nummer zwei auf dem Parteitag ist die Migrationspolitik. Mit einem Kompromissantrag will die SPD-Spitze die Kritiker des Regierungskurses bei dem Thema besänftigen. Darin wird unter anderem die umstrittene Seenotrettung von Flüchtlingen im Mittelmeer unterstützt und die Erleichterung des Nachzugs von Familienangehörigen von Flüchtlingen gefordert.

Die SPD hatte zuletzt schwere Niederlagen bei den Landtagswahlen in Hessen und Bayern eingefahren. In den Umfragen ist sie in den ersten beiden Jahren der Legislaturperiode abgestürzt. Derzeit liegt sie nur noch zwischen 14 und 17 Prozent. Bei der Bundestagswahl 2021 war sie mit 25,7 Prozent noch zur stärksten Partei geworden. Und auch der Kanzler selbst steht nicht gut da. In einer Yougov-Umfrage attestieren ihm 74 Prozent, sehr schlechte oder eher schlechte Arbeit zu leisten.

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