Parteitag der CSU:Seehofers Wohlfühl-Programm

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CSU-Parteitag in München: Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer präsentiert das Wahlprogramm (Foto: dpa)

"Bayernplan" nennt die CSU ihr kurzes Wahlprogramm, das Horst Seehofer nun in München präsentiert hat. Der Parteichef hat die politische Agenda im kleinen Kreis festgelegt. Dafür findet sich darin von der Mietpreisbremse bis zur Pkw-Maut für jeden etwas - sogar ein paar Ideen der Opposition.

Von Frank Müller

"Die Landesfarben sind Weiß und Blau", so steht es gleich in Artikel eins der Bayerischen Verfassung. Gott möge dem Freistaat "die Farben seines Himmels, Weiß und Blau" erhalten, heißt es dazu passend in der Bayernhymne. An diesem Freitag verabschiedet die CSU ihr Wahlprogramm, und was soll man sagen: Es ist ein 25-seitiges Designkunstwerk in den Farben Weiß und Blau. Blaue Zwischentitel und Stichworte, dazwischen ganz viel Weißraum. Angedeutete bayerische Rautenfahnen, auf Seite eins grüßt ein Mann mit weißen Haaren, er unterschreibt in Blau: Horst Seehofer.

"Bayernplan" nennt die CSU ihr kurz gefasstes Wahlprogramm, schwarz gedruckter Text kommt durchaus darin vor, aber er spielt nicht die Hauptrolle. Hunderte Delegierte sehen am Freitag beim Kleinen Parteitag im Münchner Olympiazentrum das Deckblatt des Bayernplans immer wieder an die Großleinwand projiziert, während Seehofer ihn 80 Minuten lang teils etwas sprunghaft vorstellt. Links und rechts der Bühne zeigen riesige Poster ein Bild von einem Freistaat: Maßkrüge, Kinder in Tracht, historisches Fachwerk, moderne Architektur aus Stahl und Glas.

Monatelang hat sich CSU-Chef damit gequält, wie er seine Botschaft unters Wahlvolk bringen soll. Er hat die Konkurrenz im Freistaat verspottet mit ihren weit mehr als 100 Seiten starken Wahlprogrammen, die ja doch niemand lese. Dann ließ er im kleinen Kreis eine Art Wohlfühl-Dossier verfassen. Anders als etwa SPD und Grüne, die ihr Programm über lange Zeiträume im Internet diskutieren und mehr oder minder stark verändern ließen, ist Seehofers Bayernplan eine Ansage von oben.

Die Verabschiedung ist Formsache, es gibt nur ein paar Wortmeldungen und schnelle einmütige Zustimmung. Vor allem soll die Basis die elf Punkte als offiziellen Start in die heiße Phase des Wahlkampfs bejubeln, bei dem die CSU doppelt gefragt ist: am 15. September bei der bayerischen Landtagswahl, eine Woche später dann bei der Bundestagswahl.

"Ganz Bayern muss zittern und glühen"

Wahrscheinlich ist die CSU die einzige der sechs Bundestagsparteien, für die die Berliner Wahl nicht die wichtigere ist. In Berlin wieder am Kabinettstisch zu sitzen, wäre schön und bedeutend, keine Frage. Aber in Bayern an der Macht zu bleiben, vielleicht gar im Alleingang nach fünf Jahren Koalition mit der FDP - das ist für die CSU existenziell. Das ist der wahre Bayernplan Seehofers. Denn ein Gang in die Opposition in der Heimat würde das CSU-Modell gründlich erschüttern.

Das beruht seit jeher darauf, Regionalpartei mit bundesweitem Anspruch zu sein. In der Führung wird deswegen ganz unumwunden zugegeben, dass eine Niederlage das Ende der Partei bedeuten könnte. Seitdem Seehofer deswegen die Landtagswahl in einer seiner typischen Flapsigkeiten einmal die "Mutter aller Schlachten" genannt hat, ist dies in der Partei auch angekommen.

Wie wichtig Seehofer dies bei allen guten Umfragezahlen nimmt, macht er am Ende seiner Rede klar. Keiner der CSU-Berufspolitiker solle bis zur Wahl in den Urlaub fahren, fordert er. "Ganz Bayern muss zittern und glühen." Anders als sonst redet er auch die Opposition schlecht. "Die bayerische SPD ist absolut regierungsunfähig", ruft Seehofer. "Wir sind mittlerweile die einzige Volkspartei, die es in Bayern noch gibt."

Dabei hat Seehofer einiges im Bayernplan durchaus von der Opposition abgeschrieben, wodurch er vor allem die Sozialdemokraten im Freistaat schon seit Wahlkampfbeginn in Wut und Sinnkrisen zugleich bringt. Die Abschaffung der selbst eingeführten Studiengebühren oder auch Beschränkungen bei Mieterhöhungen sind solche Punkte.

Anderes ist wiederum CSU pur. Mehr Respekt vor Polizisten, mehr Videoüberwachung, ein Ausbau des Betreuungsgelds, Versprechen an den Mittelstand und ein Nein zum derzeitigen Länderfinanzausgleich gehören dazu. Als wichtigsten Punkt nennt Seehofer die Beseitigung der Jugendarbeitslosigkeit und Vollbeschäftigung bis zum Jahr 2018. Er redet sich heiß, gerade er stehe ja immer im Verdacht, zu stark auf die Sozialpolitik zu schauen. Inzwischen wisse er: "Das Entscheidende ist die Partnerschaft zwischen Wirtschaft und Politik."

Es ist die alte CSU-Mischung aus Fortschritt und Tradition, die Seehofer vorgibt. So soll das Land zur "Leitregion des digitalen Aufbruchs werden", heißt es im Bayernplan. Andererseits soll der Freistaat bleiben, wie er ist: mit lebendigen Ortskernen, bäuerlichen Familienbetrieben, einer Bestandsgarantie für alle Grundschulen auch in von der Abwanderung bedrohten Landesteilen. Zur Sicherheit sagt Seehofer es noch einmal. Ganz sicher sei er, "dass Bayern nicht rot wird, Bayern ist weißblau und Bayern bleibt weißblau."

© SZ vom 20.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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