Berlin (dpa) - Nach dem Bundesparteitag der Grünen hat die SPD im Bundestag den Grünen vorgeworfen, sich bei der Union anzubiedern.
„Die Grünen haben ein immer noch eher linksgerichtetes Grundsatzprogramm beschlossen“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD im Bundestag, Carsten Schneider, der dpa. „Am Ende wachen sie aber möglicherweise neben Friedrich Merz auf. Denn die beiden Parteivorsitzenden sind vor allem bemüht, inhaltliche Hürden für ihre schwarz-grüne Liebesheirat abzubauen.“
Die Grünen hatten am Sonntag nach dreitägigen Beratungen das vierte Grundsatzprogramm ihrer gut 40-jährigen Parteigeschichte beschlossen. Das Wahlprogramm für 2021 kommt erst im kommenden Jahr an die Reihe. Vor dem Bundestagswahlkampf betonen sie ihre Eigenständigkeit und machen keine Aussage, ob ihnen eine Koalition mit Union oder mit SPD und Linken lieber wäre. In Umfragen stehen sie bei 18 bis 20 Prozent und damit deutlich hinter der Union, aber vor der SPD.
Konkrete Aussagen zur Verteilung der Lasten der Krise seien von den Grünen nicht beschlossen worden, kritisierte Schneider. „Auch vergessen die Grünen, dass der Wandel, den sie beständig predigen, von allen Menschen getragen werden muss.“ Dabei müsse es gerecht zugehen. „Die Grünen sollten schnellstens ihren schwarz-grünen Kuschelkurs aufgeben und auf politische Mehrheiten diesseits der Union hinarbeiten“, forderte er. „Trotz aller Differenzen stehen sie nach wie vor der Sozialdemokratie am nächsten.“
Bereits am Sonntag hatte der Parlamentarische Geschäftsführer der Linken, Jan Korte, sich ähnlich geäußert. „Bei all der ecken- und kantenfreien Inszenierung ihres Parteitages gibt es schon einen politisch sehr schwerwiegenden Vorgang“, sagte er. „Nämlich einfach zu verschweigen, dass man es kaum abwarten kann mit der CDU und der CSU zu koalieren. Dies sollten die Grünen nun auch sagen, sonst ist es Wählertäuschung mit langer Ansage.“
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt bezeichnete in der „Passauer Neuen Presse“ (Montag) die Grünen als „Bündnispartei, die ein Angebot für die Breite der Gesellschaft macht“. Göring-Eckardt unterstrich zugleich den Willen der Grünen mitzuregieren, wenn auch nicht um jeden Preis. „Macht kommt von machen. Wenn man machen und gestalten will, muss man regieren“, sagte sie.
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