Parteien:Merz kündigt Kandidatur für CDU-Vorsitz an

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Friedrich Merz will für den CDU-Vorsitz kandidieren. (Foto: Marius Becker)

Berlin (dpa) - Friedrich Merz will im Dezember auf dem Parteitag der CDU in Hamburg als Nachfolger von Angela Merkel für den Parteivorsitz kandidieren. Das teilte der 62 Jahre alte frühere Fraktionschef am Dienstag offiziell mit.

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Berlin (dpa) - Friedrich Merz will im Dezember auf dem Parteitag der CDU in Hamburg als Nachfolger von Angela Merkel für den Parteivorsitz kandidieren. Das teilte der 62 Jahre alte frühere Fraktionschef am Dienstag offiziell mit.

„Ich habe mich nach reiflicher Überlegung und nach zahlreichen Gesprächen entschieden, auf dem Bundesparteitag in Hamburg für den Vorsitz der Christlich Demokratischen Union Deutschlands zu kandidieren“, erklärte er in einer Pressemitteilung.

Damit tritt Merz bei der Wahl am 7. Dezember auf dem Parteitag in Hamburg gegen CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer, Gesundheitsminister Jens Spahn und drei weitgehend unbekannte weitere Bewerber an. Es kommt zur Richtungswahl zwischen dem Merkel-Kurs und einem mehr konservativ und wirtschaftsliberalen Kurs. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident und CDU-Landeschef Armin Laschet hat eine Kandidatur beim Parteitag bisher offengelassen.

Merkel hatte am Montag nach den schweren Verlusten ihrer Partei bei der Landtagswahl in Hessen angekündigt, beim CDU-Parteitag im Dezember nach 18 Jahren an der Spitze nicht mehr für den Parteivorsitz zu kandidieren. Kanzlerin will sie aber bis 2021 bleiben - sofern die große Koalition bis dahin hält. In der SPD wird vor allem Seehofers Agieren als Innenminister und CSU-Chef eine Hauptschuld für das schlechte Erscheinungsbild der Regierung gegeben.

Parteichefin Andrea Nahles verlangt bis Dezember eine Klärung, „wie die Union ihre inhaltlichen und personellen Konflikte so lösen will, dass die Regierungsarbeit davon nicht weiter negativ berührt wird“.

Bei der CDU wird in den nächsten Wochen ein interessanter interner Wahlkampf erwartet. Merz hatte schon am Montag seine Kandidatur angemeldet, aber nur über sein Umfeld. Der Jurist der nicht als Anhänger der bisherigen CDU-Chefin gilt, erklärte nun: „Angela Merkel verdient Respekt und Anerkennung für ihre Leistungen in 18 Jahren an der Spitze der Partei. Damit hat die CDU Deutschlands nun die Chance, sich neu aufzustellen und eine neue Parteiführung zu wählen.“

Der 62-Jährige fügte hinzu: „Wir brauchen in der Union Aufbruch und Erneuerung mit erfahrenen und mit jüngeren Führungspersönlichkeiten. Ich bin bereit, dafür Verantwortung zu übernehmen und gleichzeitig alles zu tun, um den inneren Zusammenhalt und die Zukunftsfähigkeit der CDU Deutschlands zu stärken.“

Merz hatte sich schrittweise aus der Politik zurückgezogen, nachdem er 2002 bei der Wahl zum Vorsitzenden der Unionsfraktion gegen Merkel unterlegen war, und arbeitete danach vor allem als Rechtsanwalt. Christian von Stetten, Chef des Parlamentskreises Mittelstand in der Unionsfraktion, meinte: „Als Parteivorsitzender wird Friedrich Merz den CDU-Mitgliedern und Anhängern die verlorene Würde und ihren Stolz zurückgeben.“ Der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger, betonte, nötig sei ein inhaltliches und personelles Gesamtangebot, das die CDU wieder zu einer erfolgreichen Volkspartei mache, „die mit allen Flügeln glaubwürdig fliegen kann“.

Der angekündigte Verzicht von Kanzlerin Merkel auf den CDU-Vorsitz erhöht derweil auch den Druck auf CSU-Chef Horst Seehofer. Mehrere CDU-Politiker aus den Ländern forderten offen den Rückzug des Bundesinnenministers von der CSU-Spitze. „Angela Merkel hat es geschafft, einen selbstbestimmten Abgang als Parteivorsitzende zu gehen, das wünsche ich auch dem Kollegen Horst Seehofer“, sagte Saar-Ministerpräsident Tobias Hans der „Welt“. Seehofer selbst kündigte an, er wolle spätestens Mitte November Vorschläge zur inhaltlichen, strategischen und personellen Zukunft der CSU vorlegen.

Der hessische CDU-Landesgruppenchef im Bundestag, Michael Brand, machte vor allem Seehofer für das Wahldesaster der Union in Hessen und Bayern verantwortlich. „Wer sein Ego über die Verantwortung stellt und mehr nach pathologischen als nach politischen Maßstäben agiert, darf sich nicht wundern, wenn Leute sich mit Wut und Entsetzen abwenden“, sagte er der „Fuldaer Zeitung“. Das müsse personelle Konsequenzen haben. Ämter seien kein Privatbesitz.

In der CSU wird seit den massiven Verlusten bei der bayerischen Landtagswahl über die Einberufung eines Sonderparteitages Anfang Dezember mit vorgezogenen Vorstandswahlen diskutiert. Zunächst will die Parteiführung die Koalitionsverhandlungen mit den Freien Wählern abschließen. In der CSU gibt es seit der Wahl am 14. Oktober auf praktisch allen politischen Ebenen Forderungen an Seehofer, den CSU-Vorsitz aufzugeben. Seine Amtszeit endet eigentlich Ende 2019.

Bei der SPD gibt es vorerst keine personellen Konsequenzen, Parteichefin Andrea Nahles ist auch erst sechs Monate im Amt. Doch nach den riesigen Verlusten in Bayern wie Hessen von jeweils 10,9 Prozentpunkten und dem Umfrageabsturz im Bund auf 14 bis 15 Prozent hinter Union, Grüne und AfD will Nahles das Profil schärfen und interne Konflikte etwa in der Kohle- und Klimapolitik schneller als geplant klären. Spätestens bei der Jahresauftaktklausur im Februar sollen auch Vorschläge für neue Zukunftsideen präsentiert werden.

Generalsekretär Lars Klingbeil fordert, dass die Unternehmensgewinne, die durch Automatisierung und Roboterisierung entstehen werden, „der Gesellschaft zu Gute kommen“, wie er in einem Gastbeitrag für t-online.de schreibt. Das könne zum Beispiel durch eine Besteuerung von Wertschöpfung durch Maschinen geschehen. Er denke auch an neue „Grundeinkommensmodelle, die für mehr Sicherheit und eine echte, partnerschaftliche Vereinbarkeit von Familie und Beruf sorgen.“ Er wolle, dass jedem Kind in Deutschland eine bedingungslose Grundversorgung zustehe, die weit über das heutige Kindergeld hinausgehe. Deutschland brauche einen „neuen Sozialstaat 2025“.

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