Parteien - Hamburg:Tschentscher freut sich über Scholz' Kanzlernominierung

Deutschland
Peter Tschentscher (SPD), Oberbürgermeister von Hamburg. Foto: Christian Charisius/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Berlin/Hamburg (dpa/lno) - Hamburgs SPD-Chefin Melanie Leonhard und Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) haben die Entscheidung der SPD-Bundesspitze zur Nominierung von Olaf Scholz zum Kanzlerkandidaten begrüßt. "Gute Entscheidung", twitterte Scholz' Nachfolgerin an der Hamburger SPD-Spitze am Montag. Und Tschentscher, Scholz' Nachfolger als Regierungschef, betonte: "Das ist eine gute Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt." Scharfe Kritik kam dagegen von den Linken, mit denen sich die SPD-Bundesspitze inzwischen eine Koalition ja durchaus vorstellen kann.

"Olaf hat den Kanzler-Wumms", hatten die Parteichefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans zuvor getwittert. Scholz selbst erklärte, er freue sich auf einen "tollen, fairen und erfolgreichen Wahlkampf in einem starken Team". Präsidium und Vorstand hätten ihn einstimmig nominiert. Scholz ist bei der Bevölkerung Umfragen zufolge der beliebteste SPD-Politiker und hatte sich in der Corona-Krise mit beherztem Handeln und dem Schnüren milliardenschwerer Hilfspakete profiliert. In der SPD selbst ist er - abgesehen von den Hamburger Genossen - allerdings umstritten, vor allem beim linken Flügel.

Mit der Nominierung hätten Präsidium und Vorstand die entscheidenden Weichen gestellt, twitterte Leonhard. "Olaf Scholz hat die nötige Kompetenz und Erfahrung", betonte die Sozialsenatorin. Bürgermeister Tschentscher sagte: "Alle in Deutschland wissen: Scholz kann Kanzler." Er kenne ihn seit mehr als 20 Jahren und wisse: "Er hat die nötige politische Erfahrung und Führungsstärke für dieses wichtigste Amt in der Bundespolitik." Mit ihm könne die SPD einen erfolgreichen Wahlkampf führen, um 2021 eine sozialdemokratisch geführte Bundesregierung zu bilden.

Lobend äußerte sich auch der Vorsitzende der SPD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft, Dirk Kienscherf. "Olaf Scholz ist ein Mensch, auf den immer Verlass ist. Das hat er in der Finanzkrise genauso gezeigt wie aktuell als Vizekanzler in der Corona-Pandemie." Er sei ein Arbeiter, der mit Fleiß und Kompetenz die Dinge angehe, und deshalb ein besonders guter Kanzlerkandidat sei.

Scharfe Kritik kam dagegen von den Hamburger Linken. Sie sprachen von einer "falschen Entscheidung". Fraktionschefin Sabine Boeddinghaus erklärte: "Die Gremien der SPD hätten vor ihrer Entscheidung mal zu uns nach Hamburg kommen sollen, um sich zu informieren." Als Bürgermeister habe Scholz einen Scherbenhaufen hinterlassen. "Kürzungspolitik, Mietenwahnsinn und eine sozial gespaltene Stadt sind sein politisches Erbe."

Nach dem Olympia-Debakel und dem Totalversagen beim G20-Gipfel hätte Scholz' politische Karriere eigentlich enden müssen, erklärte Boeddinghaus: "Dass Scholz mit dieser Bilanz in Berlin noch Karriere machen konnte, sagt viel über den Zustand der SPD aus. Die Hoffnungen auf einen politischen Aufbruch im Bund sind mit dieser Entscheidung gesunken." Die SPD-Spitze hatte vor der Kandidatenkür von Scholz am Wochenende eine Koalition mit der Linkspartei unter einer grünen Kanzlerschaft nach der Bundestagswahl nicht ausgeschlossen.

Zurückhaltend äußerten sich die Hamburger Bundestagsabgeordneten der Linken, Fabio De Masi und Żaklin Nastić. "Neue Mehrheiten gibt es nur mit glaubwürdiger Politik und wenn die Grünen sich entscheiden, was sie wollen", erklärte De Masi. "Wir werden Olaf Scholz daran messen, ob er den Wirecard-Skandal und auch seine Rolle bei den Cum-Ex-Deals der Warburg Bank in Hamburg als Hamburger Bürgermeister schonungslos aufklärt!"

Nastić erinnerte an Scholz' Zeit als Hamburger Innensenator, als er den Brechmitteleinsatz gegen mutmaßliche Drogendealer einführte. "Als Arbeits- und Sozialminister im Bund ab 2007 lehnte er eine Erhöhung von Hartz IV ab und setzte die Rente mit 67 maßgeblich durch." Als Bürgermeister trage er für die milliardenschwere und letztendlich sinnlose Rettung der HSH Nordbank politisch die Verantwortung. Zuletzt verantworte er auch das G20-Gipfel-Desaster, weswegen er 2017 wieder nach Berlin geflohen sei. "Nach diesen Erfahrungen dürfen wir alle auf einen radikal-sozialen Wandel der SPD mit Scholz wirklich gespannt sein."

Hamburgs CDU-Chef Roland Heintze hält Scholz für einen Verwalter, nicht aber für einen Gestalter. "Die SPD-Spitze nominiert mit Scholz einen Kanzlerkandidaten, der nicht in der Lage ist, die nötigen Impulse zu setzen, um Deutschland zurück auf den Wachstumspfad zu führen." Für AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann ist eine Kanzlerkandidatur von Scholz "zum Scheitern verurteilt".

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