Bernau bei Berlin:Grünen-Parteitag für Kenia: Nun entscheiden die Mitglieder

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Mit großer Mehrheit hat der Sonderparteitag der Brandenburger Grünen für ein Kenia-Bündnis mit SPD und CDU gestimmt. Für den Leitantrag des Vorstands, mit dem...

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Bernau (dpa/bb) - Mit großer Mehrheit hat der Sonderparteitag der Brandenburger Grünen für ein Kenia-Bündnis mit SPD und CDU gestimmt. Für den Leitantrag des Vorstands, mit dem die Annahme des Koalitionsvertrags befürwortet wird, stimmten am Samstag 79 der 97 Delegierten. Das waren 81,4 Prozent Ja-Stimmen. Dagegen stimmten 15 Delegierte, drei enthielten sich. Damit ist bei den Bündnisgrünen aber noch nicht über die Annahme des Koalitionsvertrags entschieden. Die endgültige Entscheidung treffen die knapp 2000 Mitglieder in einer Urwahl bis zum kommenden Samstag.

Der Bernauer Grünen-Fraktionschef Kim Stattaus gab gleich zu Beginn des Sonderparteitags die Linie vor: „Liebe Trauergemeinde, wir haben uns heute hier versammelt, um Abschied von der Opposition zu nehmen“, begrüßte Stattaus die rund 100 Delegierten der Brandenburger Grünen in der Stadthalle von Bernau (Barnim). Nach 15 Jahren ohne Landtagsmandate und weiteren zehn Jahren in der Opposition gebe es nun trotz schmerzhafter Kompromisse die Chance auf eine Regierungsbeteiligung mit zwei wichtigen Ministerien.

Die Grünen-Bundesvorsitzende und Brandenburger Bundestagsabgeordnete Annalena Baerbock warb mit einer Videobotschaft für die geplante Kenia-Koalition. „Es ist wichtig, dass gerade in einer Braunkohleregion Bündnisgrüne mit in der Verantwortung stehen, um den Kohleausstieg mit zu gestalten.“ Dies unterstrich auch die Grünen-Verhandlungsführerin Ursula Nonnemacher. „Durch uns gibt es keine neuen Tagebaue, keine Erweiterung von Tagebauen und keine Umsiedlung von Dörfern mehr“, sagte sie in ihrer Rede. „Mit einem weiteren Tagebau ist diese Koalition sofort beendet.“

Die Kenia-Koalition sei nicht ihre Wunschkonstellation gewesen, bekannte Nonnemacher. Vielmehr hatten die Parteiführung und große Teile der Basis auf Rot-Rot-Grün gesetzt, was die SPD aber ablehnte. Und selbstverständlich seien die Grünen auch Kompromisse eingegangen, räumte Nonnemacher ein. So gebe es weiterhin kein Klagerecht von Tierschutzverbänden, keine Fortschritte bei der Entkriminalisierung von Cannabis und kein umfassendes Transparenzgesetz, das Verwaltungsakten der Behörden öffentlich einsehbar machen würde. „Aber Kompromisse sind kein Verrat, sondern Voraussetzung dafür, dass Demokratie überhaupt möglich ist“, betonte sie.

Baerbock ergänzte mit Blick auf den Ausgang der Landtagswahl in Thüringen und der Annäherung von Teilen der dortigen CDU an die AfD, es sei wichtig, dass die Grünen in Brandenburg in der Landesregierung seien. Der Koalitionsvertrag sei auch „ein Stück klare Kante gegen die AfD, die das Sprachrohr für Rechtsextremismus ist.“

Den deutlichsten Widerspruch gegen die Kenia-Koalition formulierte der Delegierte Eberhard Müller aus Oberhavel. Bei den Klimazielen hätten die Grünen im Koalitionsvertrag wenig erreicht, kritisierte er. Außerdem gebe es kein Beschleunigungsprogramm für die Windenergie, sondern nur Bremsen in den Vereinbarungen. „Ich stimme daher gegen den Koalitionsvertrag“, sagte er.

Kritik kam auch von Gerrit Prange, der für die Grüne Jugend sprach. „Was soll ich der Bewegung Fridays for Future sagen?“, fragte er. „Womöglich sind wir nicht alt genug, um zu verstehen, warum wir eine Kröte nach der anderen schlucken müssen.“ Prange sprach sich aber nicht explizit gegen die Koalition aus. Ein Änderungsantrag der Grünen Jugend, demzufolge der Parteitag den Mitgliedern keine Empfehlung für die Urwahl geben sollte, fand keine Mehrheit. Dafür stimmte nur ein Dutzend der Delegierten.

Das Ergebnis der Urwahl der Grünen-Mitglieder soll am 18. November verkündet werden. Darin entscheiden die Mitglieder auch über die Vorschläge des Vorstands, das Umwelt- und Agrarministerium mit Fraktionschef Axel Vogel sowie das Sozial- und Gesundheitsministerium mit Nonnemacher zu besetzen.

Zuvor wollen SPD und CDU auf Parteitagen über die Annahme des Koalitionsvertrags entscheiden. Bei der CDU läuft auch noch eine Mitgliederbefragung, die aber nicht bindend ist. Die Wiederwahl von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) im Landtag ist für den 20. November geplant.

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