Kirche:Papst lenkt Kirche auf Reformkurs

Lesezeit: 3 min

Papst Franziskus stellt in seinem Papier viele Fragen, die die Weltsynode im Oktober beantworten soll. (Foto: Evandro Inetti/Imago)

Im Oktober beginnt in Rom die Weltsynode. Jetzt liegt das Arbeitspapier vor - und bricht mit vielen Traditionen.

Von Marc Beise, Rom

Sitzen im Vatikan die Betonköpfe, an denen reformwillige Katholiken namentlich aus Deutschland verzweifeln? Kann man so sehen, wird oft so gesehen, aber ganz so ist es dann doch nicht. Das merkt, wer sich in das 71-seitige Arbeitspapier "Instrumentum Laboris" für die Weltsynode im Oktober vertieft, das jetzt im Vatikan vorgestellt worden ist - zufällig am selben Tag, an dem in Deutschland vier Bischöfe den Reformprozess namens Synodaler Weg erneut blockiert haben.

Seit dreieinhalb Jahren sind deutsche Katholiken - argwöhnisch beobachtet aus dem Vatikan - dabei, ihre Kirche zu reformieren, im Frühjahr wurde in Frankfurt ein finaler Fahrplan beschlossen, der vielen Reformern nicht weit genug ging, aber die Zustimmung der großen Mehrheit der deutschen Bischöfe bekam. Zentral ist ein Synodaler Rat, in dem künftig auch Laien gleichberechtigt mitentscheiden sollen - doch vier konservative Bischöfe, drei aus Bayern sowie der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki, blockieren die Finanzierung des neuen Entscheidungsgremiums.

Reformideen von Gläubigen aus der ganzen Welt

Franziskus lehnt zwar den deutschen Weg als zu konfrontativ, energisch und strukturverändernd ab, treibt aber selbst Reformen in seiner Kirche zielstrebig voran - wie das Projekt der Weltsynode zeigt, das er seit Oktober 2021 verfolgt und bei dem nun eine wichtige Etappe erreicht ist. Nachdem Reformideen von Gläubigen aus der ganzen Welt eingesammelt und in sieben Kontinentalversammlungen diskutiert worden sind, hat der Vatikan daraus ein Arbeitspapier für die erste von zwei Weltsynoden vom 4. bis 29. Oktober in Rom formuliert - die zweite ist für 2024 geplant.

An dieser Synode werden rund 290 Bischöfe aus aller Welt teilnehmen, aber auch 80 Laien, darunter mindestens 40 Frauen mit Stimmrecht. Schon das ist neu: Bislang waren nur Bischöfe und Ordensobere zugelassen. Ebenfalls anders als früher ist das Dokument nicht als Beschlussvorlage zu verstehen, über die nur noch abgestimmt wird, sondern es soll ausdrücklich Impulse für die Beratungen liefern.

Das Papier gibt keine Antworten, es stellt Fragen - und die gehen recht weit. So wird ausdrücklich der mögliche Zugang von Frauen zum Diakonen-Amt genannt, also der ersten Stufe in der Hierarchie. Ferner soll über eine stärkere Beteiligung von Frauen in Leitungs- und Verantwortungspositionen gesprochen werden. Denkbar seien zudem Ausnahmen von der Regel der Ehelosigkeit von Priestern, etwa die Priesterweihe für verheiratete Männer oder die Übernahme einer Gemeinde durch ungeweihte Katholiken.

Statt Macht und Kontrolle soll es bei Amtsträgern mehr eine Atmosphäre der Transparenz, Ermutigung, Inklusion und Zusammenarbeit geben. Mehr Verantwortung soll in die nationalen und regionalen Kirchen verlagert werden, weniger beim Papst bleiben. Wiederverheiratete Geschiedene sollen in der Kirche ebenso willkommen sein wie queere Menschen. Mit einer erneuerten Sprache soll die Kirche zugänglicher und attraktiver werden. Auch das Thema Missbrauch durch kirchliche Amts- oder Funktionsträger wird mehrfach angesprochen.

Papst-Papier lässt die Reformgruppe "Wir sind Kirche" hoffen

An der Weltsynode im Oktober werden aus Deutschland der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Georg Bätzing aus Limburg, sowie die Bischöfe Bertram Meier aus Augsburg und Franz-Josef Overbeck aus Essen dabei sein. Sie kritisierten in einer gemeinsamen Erklärung am Dienstag, dass das Arbeitspapier nicht konkret genug sei. Die weltweit aufkommenden Themen und Fragen "etwa nach der stärkeren Beteiligung der Frauen, der Zukunft des Priesterberufs, dem an die Gemeinschaft rückgebundenen Umgang mit Autorität oder der Weiterentwicklung der Sexuallehre" müssten stärker in den Blick genommen werden, hieß es in der DBK-Erklärung. "Diese Themen sind drängend und können von einer synodalen Kirche nicht mehr sehr lange aufgeschoben werden."

Alle Nachrichten im Überblick
:SZ am Morgen & Abend Newsletter

Alles, was Sie heute wissen müssen: Die wichtigsten Nachrichten des Tages, zusammengefasst und eingeordnet von der SZ-Redaktion. Hier kostenlos anmelden.

Die Gruppe "Wir sind Kirche" dagegen sieht einen "weiteren wichtigen Schritt auf dem von Papst Franziskus angestoßenen Weg der notwendigen Erneuerung hin zu einer einladenden Kirche, die Menschen nicht diskriminiert". Der umfangreiche Fragenkatalog weise hoffentlich den Weg von einer viel zu verrechtlichten, hierarchischen Kirche hin zu einer umfassenden, weltweiten Glaubensgemeinschaft, "die in den sehr unterschiedlichen Kulturen verstanden und gelebt werden kann".

Das alles ist erst mal nur eine Diskussionsgrundlage, aber die von Franziskus geleitete Kirche hat sich auf den Weg gemacht. Fortsetzung folgt im Oktober in Rom.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusKatholiken
:Kirche in der Haftung

Ein Missbrauchsbetroffener verklagt das Erzbistum München und Freising, weil es einen pädophilen Priester als Seelsorger einsetzte. Die Richterin sieht eine Mitschuld beim späteren Papst Benedikt.

Von Annette Zoch

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: