Österreich:Herumbablern

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Andreas Babler, 50, ist seit Juni 2023 der elfte Bundesparteivorsitzende der SPÖ seit 1945. (Foto: Lisa Leutner/Reuters)

Dem neuen SPÖ-Chef Andreas Babler gelingt es nicht, eine Aufbruchsstimmung zu erzeugen - weder innerhalb noch außerhalb der Partei. Welche Fragen er nun dringend klären muss.

Von Alexandra Föderl-Schmid

Kann dieser Mann Kanzler? Offiziell wird sich wohl keiner auf dem SPÖ-Parteitag in Graz trauen, diese Frage zu stellen. Aber sie schwingt mit, wenn über Andreas Babler geredet und schließlich abgestimmt wird. Dabei liegt die Latte, welches Ergebnis der Traiskirchener Bürgermeister erreichen sollte, eigentlich recht tief: Er muss jedenfalls ein besseres Wahlergebnis als Pamela Rendi-Wagner bei ihrem letzten Antreten im Juni 2021 liefern, das waren damals magere 75,3 Prozent.

Diesmal braucht man angesichts nur eines einzigen Kandidaten auch nur die einfachste Grundrechenart zu beherrschen und kann auf Excel-Tabellen verzichten. Weil der Chaos-Parteitag vielen Genossen noch in schlechter Erinnerung ist und sich diesmal kein Gegenkandidat aus der Deckung wagt, dürfte das Votum akzeptabel ausfallen. Wobei dann doch einige nicht aus Überzeugung, sondern aus Gründen des Selbstschutzes für Babler stimmen dürften. Schafft der SPÖ-Chef die niedrige Vorgabe nicht, dann hat die Partei ein noch größeres Problem als bisher absehbar: Dass die SPÖ nicht geeint ist, zeigt die demonstrative Absenz der Granden aus Wien und dem Burgenland. Sogar dem egomanischsten Genossen Hans Peter Doskozil dürfte klar sein, dass eine Obmann-Debatte ein knappes Jahr vor der Wahl zur Unzeit käme.

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Was längst noch nicht heißt, dass sich alle hinter Babler versammeln. Ihm ist seit seiner Wahl Anfang Juni nicht gelungen, eine Aufbruchsstimmung zu erzeugen. Weder inner- noch außerhalb der Partei. Die SPÖ liegt mit rund 24 Prozent ungefähr dort, wo sie auch schon in den letzten Amtswochen von Rendi-Wagner rangierte.

Babler hat nicht geschafft klarzumachen, wofür die SPÖ und er selbst stehen. Es wird in dieser Partei herumgebablert. Schaut man sich die zwölf Leitanträge zum Parteitag an, wird deutlich: Babler will die SPÖ links der Mitte positionieren, gegen kapitalistische Auswüchse, für eine Stärkung der unteren Einkommensbezieher zulasten der "oberen Zehntausend". Es ist wohlfeil, Forderungen zu erheben; aber gleichzeitig die Frage nicht zu beantworten, wie all das Punkt für Punkt finanziert werden sollen, ist mehr als ein Manko.

Überhaupt bleibt vieles vage. So galt bisher die Forderung nach Einführung einer 32-Stunden-Woche als Herzensprojekt Bablers, nun soll es lediglich Pilotversuche geben, sie bei vollem Lohnausgleich umzusetzen. Das innerparteiliche Streitthema Migration versucht man klein zu halten. Doch die Frage muss geklärt werden: Gilt noch das von Peter Kaiser und Hans Peter Doskozil ausgearbeitete Papier aus dem Jahr 2019, das Aufnahmezentren an den EU-Außengrenzen vorsieht? Und wie ist eigentlich die Position der SPÖ zum Nahostkonflikt? Auch das sollte fünf Wochen nach dem Beginn des Krieges in Gaza in einer Partei, die den Anspruch aufrechterhält, den Kanzler zu stellen, geklärt sein.

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