Gleich zwei Kapazunder, der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhofer und sein Tiroler Kollege Günther Platter, haben ihren Rückzug angekündigt. Das ist bemerkenswert, auch wenn man sagen kann, wer 70 Jahre alt und seit 2006 im Amt respektive 68 Jahre alt und seit 2008 im Amt ist, habe das Recht auf Ruhe.
Platter hatte unlängst noch angekündigt, in die Landtagswahl 2023 gehen zu wollen. Offenbar aber will der Tiroler nicht mit einem satten Minus im Wahlergebnis seine Karriere beenden, was die Umfragen und das miese Image der ÖVP derzeit nahelegen. Irgendwie ÖVP-gemäß ist auch, dass beide während der Legislaturperiode gehen und ihre Nachfolger umstandslos und ohne größere parteiinterne Mitsprache präsentiert haben. Demokratiepolitisch ist das nicht die feine Art. Natürlich wird alles als Generationenwechsel verkauft. Na ja. Der eine Nachfolger ist 51, der andere 59, und beide wollen nicht viel anders machen. Dabei könnte man meinen, das täte der Partei derzeit ganz gut.
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Und noch ein Landeschef, der Vorarlberger Markus Wallner, könnte der Partei verlustig gehen: wenn nämlich mehr Details öffentlich werden, wie man in Bregenz mit Steuergeld und Mitgliedsbeiträgen parteinaher Vereine umgegangen ist. Dazu wird auch der Rechnungshof, der eben diese Praxis sowie die Bilanz der ÖVP für das Wahljahr 2019 infrage gestellt hat, einiges zu sagen haben.
Der Kanzler taucht bei Frohbotschaften auf - und taucht ab, sobald es unangenehm wird
Was uns aus der Peripherie ins Zentrum des Geschehens, nach Wien, bringt. Wenn es Erfreuliches zu vermelden gibt wie das viele Geld, das Schwarz-Grün für ein "Anti-Teuerungspaket" in die Hand nimmt, dann wird Kanzler Karl Nehammer sehr sichtbar. Wenn es unangenehm wird, taucht er ab und lässt eine Staatssekretärin im Parlament Nullantworten geben. Oder er delegiert die Verantwortung gleich ganz: In einem munteren ORF-Interview etwa, in dem es um die Klatsche der Bundesrechnungshofs wegen des fragwürdigen Rechenschaftsberichts für 2019 ging, zeigte er mit dem Finger auf den früheren Bundesgeschäftsführer, der pikanterweise ein Kurz-Gewächs war. Der zuständige Generalsekretär aber - der war er.
Und als am Donnerstag bekannt wurde, dass der Europäische Gerichtshof ein Gesetz der türkis-blauen Regierung unter Kurz, die Indexierung der Familienbeihilfe, gekippt hatte, da ließ er lieber seine Nachfolgerin Laura Sachslehner twittern, die sich im Ton gern mal vergreift. Es sei bedauerlich, schrieb diese, dass wieder mal ein wichtiges ÖVP-Projekt von einem Höchstgericht gekippt worden sei - obwohl es doch ein zentrales Integrationsvorhaben gewesen sei.
Wie bitte? Dass ausländische Arbeitnehmer weniger Sozialleistungen bekommen, wenn sie zwar gleich viel in den Steuertopf einzahlen wie Österreicher, aber ihre Kinder im Ausland leben, soll der Integration gedient haben? Jeder wusste, dass diese Idee nicht EU-konform war. Sachslehner legte mit uralten Kurz-Slogans nach: Man kämpfe weiter dafür, den "politischen Islam in die Schranken" zu weisen. Das wird die rumänischen Pflegerinnen, die weniger Kindergeld bekommen haben als ihre Kolleginnen aus Österreich, sehr beruhigen.
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