Obama am Golf von Mexiko:Langzeit-Projekt Ölpest

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Die seit Wochen sprudelnde Ölquelle steht unter Schlammbeschuss - doch verschlossen ist sie immer noch nicht. Bis Sonntag soll klar sein, ob es klappt. US-Präsident Obama will mehr Einsatzkräfte schicken - doch es hagelt Kritik.

Im Kampf gegen die schlimmste Ölpest der US-Geschichte meldet BP zwar Fortschritte, doch der ersehnte Durchbruch steht aus. Zugleich warnte US-Präsident Barack Obama, dass man es angesichts der Umweltschäden mit einem "Langzeit-Projekt" zu tun haben werde, auch wenn der Ölfluss einmal gestoppt sei.

Barack Obama (Mitte) lässt sich von Thad Allen (l.) und Charlotte Randolph in Port Fourchon, Louisiana, die Lage erläutern. (Foto: afp)

Obama ordnete deshalb eine Verdreifachung der Einsatzkräfte entlang der betroffenen Küsten am Golf von Mexiko an. Obama sprach auf Grand Isle, einer besonders schwer getroffenen Insel vor Louisiana. Zuvor überflog er mit einem Hubschrauber das Mississippi-Delta. "Am Ende trage ich die Verantwortung für die Lösung dieser Krise", sagte er am Freitag erneut. Damit reagierte er auf die immer schärfere Kritik, die Katastrophe zunächst unterschätzt und nicht schnell genug gehandelt zu haben.

Am Freitag besuchte er zum zweiten Mal die verseuchte Louisiana-Küste. Bereits zuvor hatte er Fehler im Krisenmanagement eingeräumt. Die Aufstockung der Einsatzkräfte gelte für Orte, in denen das Öl bereits angelangt ist oder innerhalb von 24 Stunden erwartet wird.

Vorsichtiger Optimismus

Der BP-Konzern gab sich mit Blick auf seinen Versuch vorsichtig optimistisch, die Ölquelle mit einem massiven Schlammbeschuss zu verstopfen. Zwar ströme seit Freitagmorgen (Ortszeit) nur noch wenig Öl und Gas ins Meer, sagte BP-Chef Tony Hayward, aber die Operation "Top Kill" habe erneut unterbrochen werden müssen. Die Aktion wird nach Haywards Worten weitere 48 Stunden dauern - eine endgültige Beurteilung wird demnach erst am Wochenende erwartet.

Bei der am Mittwoch angelaufenen Operation "Top Kill" wird unter hohem Druck Schlamm in das Bohrloch gepumpt, um das Öl zu stoppen. Am Donnerstag und auch Freitag musste das komplizierte Manöver - das noch niemals in einer Wassertiefe von 1500 Metern angewendet wurde - für jeweils mehrere Stunden unterbrochen werden.

Laut BP sollte es am Freitagabend (Ortszeit) fortgesetzt werden. Trotzdem zeigte sich Hayward optimistisch. Die aus dem Leck am Meeresgrund aufsteigende braune Wolke, die in Live-Videos zu sehen ist, bestehe fast nur noch aus Schlamm. Er räumte ein, dass es sehr langsam vorangehe. "Ich weiß, dass das für alle frustrierend ist."

Müll-Schüsse gegen das Öl

BP habe über Nacht außerdem Gummistücke und anderes Material in das Sicherheitsventil ("Blowout Preventer") geschossen, das auf dem Bohrloch sitzt. Diese von Experten "Junk Shot" ("Müll-Schuss") genannte Aktion sollte dazu dienen, das Ventil zu verstopfen, damit weniger Schlamm aus der Quelle nach oben entweicht. Messungen hätten ergeben, dass dies erfolgreich gewesen sei, sagte Hayward. "Das ist eine gute Nachricht."

Unterdessen gibt es neue Hiobsbotschaften: Es seien bereits über 240 Kilometer der Küste Louisianas verseucht, berichtete CNN am Freitag. Noch am Vortag war lediglich von 160 Kilometern die Rede. Über 400 Vögel und mehr als 200 Meeresschildkröten seien an der Ölpest verendet, gab die US-Naturschutzbehörde bekannt. Unter den toten Tieren seien auch 24 Meeressäuger, etwa Delfine oder Wale.

Die Katastrophe wurde am 20. April durch eine Explosion der Bohrinsel Deepwater Horizon vor der US-Küste ausgelöst. Experten der US-Regierung sprechen von der schlimmsten Ölpest, die es je in den USA gab. Seit Beginn des Öl-Dramas seien insgesamt fast 37.000 Tonnen Öl ins Meer gelangt. Beim Unfall des Tankers Exxon Valdez im Jahr 1989 waren es vor Alaska 35.000 Tonnen gewesen.

Falls der Versuch "Top Kill" scheitere, habe BP noch "verschiedene andere Optionen", das Leck zu schließen, sagte eine Konzernsprecherin von BP der Nachrichtenagentur dpa in London. Der Ölkonzern habe bereits Vorkehrungen für den Einsatz einer neuen Technik getroffen. Dabei handele es sich um ein Oberflächen-Abdichtungssystem. Bei dem Verfahren ("lower marine riser package") würde das bestehende Steigrohr zur Quelle am Meeresgrund entfernt und durch ein neues, breiteres Rohr mit Ringdichtung ersetzt. Auf diese Weise solle der Großteil des ausströmenden Öls und Gases aufgefangen werden.

Parallel dazu bohre BP weiter an zwei Stellen, um das bestehende Bohrloch zu entlasten. Damit sei am 2. und 16. Mai begonnen worden, sagte die Sprecherin. Diese Zapfquellen sollen innerhalb von drei Monaten einsatzbereit sein. Wie viel Öl insgesamt in der Quelle steckt, wollte BP nicht bekanntgeben. Auch mehrere EU-Länder unterstützen jetzt den Kampf gegen das Öl, nachdem die USA am späten Donnerstagnachmittag um Hilfe der EU-Mitgliedstaaten baten. Helfen sollen vor allem drei spezielle Absaugvorrichtungen, um das Öl abzufischen.

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