NRW: Rüttgers und die Sponsoren-Affäre:Die Ware Nähe

Die CDU in NRW bot Unternehmern gegen Honorar Gespräche mit Ministerpräsident Rüttgers an - Generalsekretär Wüst ist deshalb zurückgetreten. Ausgestanden ist die Affäre dennoch nicht.

Hans-Jörg Heims

Anfang Februar bekamen die Kandidaten der nordrhein-westfälischen CDU für die Landtagswahl am 9.Mai Post aus der Landesgeschäftsstelle in Düsseldorf. In den Unterlagen befand sich eine "Musterrede zur Landespolitik", sozusagen als Handreichung, damit die Parteifreunde bei ihren Auftritten im Land auch ja die richtige Botschaft verbreiten.

Und die lautet: In der Ruhe liegt die Stärke. Einen Dauerwahlkampf, wie ihn die SPD plane, werde die CDU nicht mitmachen. Erst nach Ostern beginne der Wahlkampf der eigenen Partei, sollten die Redner an der Basis verkünden.

Nur ja nicht der SPD ein Mobilisierungsthema liefern. Das war das Ziel der Wahlkampfplaner. Mit Jürgen Rüttgers habe man schließlich einen sehr erfolgreichen Ministerpräsidenten, der über die Parteigrenzen hinweg hohes Ansehen bei den Menschen genieße. Mit dieser Schlafwagen-Strategie hatte Kanzlerin Angela Merkel im vergangenen Herbst bei der Bundestagswahl die SPD auf Abstand gehalten.

Eine besondere Finanzierungsform

Doch an Rhein und Ruhr wird die CDU auf diese Weise ihre vor fünf Jahren eindrucksvoll gewonnene Macht nicht verteidigen können. Die Affäre um Werbebriefe, in denen Sponsoren gegen Zahlung einer bestimmten Summe exklusive Gesprächstermine mit Rüttgers und Landesministern offeriert wurden, ist auch nach dem Rücktritt von Generalsekretär Hendrik Wüst am Montag nicht ausgestanden.

Wie sich jetzt zeigt, ist diese besondere Finanzierungsform schon seit 2004 angewandt worden, also zu einem Zeitpunkt, als Wüst noch nicht im Amt war, Rüttgers hingegen schon. Dieser hatte seit seiner Wahl zum Landeschef 1999 den lange Zeit zerstrittenen Landesverband geeint und ganz auf seine Person ausgerichtet, mit dem Ziel, Ministerpräsident zu werden. Dass er vor diesem Hintergrund von den umstrittenen Briefen nichts gewusst haben will, wie er behauptet, daran gibt es Zweifel.

Im November 2004 veranstaltete die NRW-CDU erstmals einen Zukunftskongress, an dem im ehemaligen Bonner Bundestag über 900 Menschen teilnahmen. Im Vorfeld wurde Sponsoren ein bis zu 14.000 Euro teures Paket angeboten. Als Gegenleistung versprachen die Organisatoren Gespräche mit dem damaligen CDU-Spitzenkandidaten und exklusive Plätze bei der abendlichen Business-Veranstaltung.

Der besondere Clou sei eine halbstündige "Road-Show", bei der sich Rüttgers dann zu den Ständen der Sponsorenfirmen begebe, berichtete der Spiegel. Im Frühjahr 2006 bedankte sich Rüttgers dann bei der Veranstaltungsagentur für die während des zweiten Zukunftskongresses geführten "Gespräche mit Sponsoren, Referenten und Teilnehmern".

Wie Flyer und Einladungen belegen, wurde die Aktion "Rent-a-Rüttgers" auch in den folgenden Jahren fortgesetzt, um die nach der Landtagswahl 2005 in finanzielle Nöte geratene Partei wieder zu konsolidieren. Etwa eine Million Euro mehr als geplant hatte der professionell geführte Wahlkampf gekostet. Zudem war die Parteizentrale aufwendig saniert worden. Über diese Dinge sei im Landesvorstand im Beisein des Parteichefs gesprochen worden, bestätigen Mitglieder des Gremiums.

Und so wurde die Praxis des Verkaufens von Nähe zu Politikern weiter verfeinert. Bis zu 22.000 Euro muss inzwischen ein so genannter "Platinsponsor" zahlen, um ganz nah an den Ministerpräsidenten heranzukommen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum das Vorgehen der CDU in NRW gängige Praxis und dennoch ungewöhnlich ist.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: