Parteienfinanzierung:Ein Parteiverbot light - durch Geldentzug

Lesezeit: 2 min

Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat haben mehr als 300 Belege für "fortdauernde verfassungsfeindliche Aktivitäten der NPD" angekündigt. (Foto: dpa)
  • In seinem Urteil zum NPD-Verbotsverfahren hat das Bundesverfassungsgericht 2017 auf die Möglichkeit verwiesen, den Rechtsextremen die staatliche Parteienfinanzierung zu streichen.
  • Einen entsprechenden Antrag haben Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat nun gestellt.
  • Vor einer Entscheidung ist aber wohl erneut eine umfassende Beweisaufnahme nötig.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat machen nun also Ernst. Zweieinhalb Jahre nach dem NPD-Urteil haben sie ihren Antrag ans Bundesverfassungsgericht losgeschickt, der rechtsextremen Partei die staatliche Parteienfinanzierung zu entziehen. Wer nach dem Urteil vom Januar 2017 geglaubt hatte, das sei nun bloße Formsache, der dürfte sich indes getäuscht haben. Vor der Streichung der Zahlungen wird eine aufwendige Prüfung erforderlich sein.

Dabei hatte das Bundesverfassungsgericht selbst darauf hingewiesen, dass man der NPD auch ohne Parteiverbot das Staatsgeld streichen könnte. Man kann die beiden Absätze im NPD-Urteil auch als ausdrückliche Einladung verstehen, die Extremistentruppe, die man mangels akuter Gefährlichkeit nicht verbieten konnte, zumindest in die Pleite zu treiben. Die "Kürzung oder Streichung staatlicher Finanzmittel" sei zwar derzeit ausgeschlossen, aber nur, "solange der verfassungsändernde Gesetzgeber keine abweichenden Regelungen trifft". Und möglich seien eben auch "gestufte Sanktionsmöglichkeiten". Also ein Parteiverbot light durch Geldentzug.

CSU-Chef
:Söder: AfD wird zur wahren NPD

CSU-Chef Markus Söder greift die AfD scharf an: Es handele sich nicht einfach um "einige frühere wackere Konservative". Gegen Parteichef Meuthen laufe ein "lange geplanter Putsch" von Rechtsaußen Höcke.

Von Wolfgang Wittl

Mit einer entsprechenden Änderung des Grundgesetzes hat der Gesetzgeber vor zwei Jahren die Einladung angenommen. Nun wollen alle drei antragsberechtigten Verfassungsorgane (beim Verbotsverfahren war der Bundesrat noch allein unterwegs) Taten folgen lassen. Die Finanzierung, die 2018 bei 880 000 Euro lag, soll der NPD vom Bundesverfassungsgericht aberkannt werden.

Absehbar ist, dass dafür eine weitere umfassende Anhörung notwendig sein wird. Sie wird nicht so ausufernd ausfallen wie damals im März 2016, als an drei langen Tagen verhandelt wurde. Andererseits kann sich der Zweite Senat nicht mit seinen Feststellungen im Urteil von 2017 begnügen. Dort ist zwar ausführlich dargelegt, dass der "Volksbegriff" der NPD die Menschenwürde verletzt, dass ihre Ausgrenzung ethnischer Nichtdeutscher gegen das Demokratieprinzip verstößt, dass sie eine Wesensverwandtschaft zum Nationalsozialismus aufweist. Weil aber ein paar Jahre vergangen sind, muss das Gericht nun ein weiteres Mal in eine Art von Beweiswürdigung einsteigen. Ist die NPD bei ihrer verfassungsfeindlichen Linie geblieben? Oder hat sie sich, womöglich unter dem Eindruck der drohenden finanziellen Austrocknung, inzwischen geläutert? Die Antragsteller haben jedenfalls mehr als 300 Belege für "fortdauernde verfassungsfeindliche Aktivitäten der NPD" angekündigt. Dort hat man den Eindruck, dass die NPD sich weiter radikalisiert hat.

Wann das Verfassungsgericht entscheiden wird, lässt sich nicht prognostizieren. Präsident Andreas Voßkuhle hat bei der Urteilsverkündung 2017 versprochen, künftige Verfahren würden "sehr viel zügiger durchführbar sein". Ein Urteil vor dem Ende seiner Amtszeit Ende Mai 2020 würde allerdings einen äußert knappen Zeitplan notwendig machen. Sollte das nicht zu schaffen sein, dürfte der Senat das Verfahren wohl erst danach in Angriff nehmen.

© SZ vom 23.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusUltrarechte der AfD
:Alternative für Extremismus

Die völkische "Flügel"-Gruppierung wird bundesweit zur Belastung für die AfD. Im Osten aber würde die Partei ohne die Ultrarechten und ihre Galionsfiguren wie Björn Höcke nicht mehr auskommen.

Von Jens Schneider

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: