Extremismus:Nicht sein Bier

Ein NPD-Mann konnte im hessischen Altenstadt Ortsvorsteher werden, weil er zum Beispiel so gut E-Mails schreiben kann. Und seine politischen Anschauungen sind egal? Es ist mehr als nur eine Provinzposse, was sich da ereignet. So viel Narrheit ist selten.

Von Joachim Käppner

Manche Erscheinungsformen von politischer Dummheit verdienen es eigentlich nicht, dass man sie ernst nimmt. Leider muss man das im Fall jener hessischen Lokalpolitiker dennoch tun, die in Altenstadt einen dem Verfassungsschutz wohlbekannten NPD-Mann zum Ortsvorsteher wählten, weil sich sonst keiner fand - und weil der Vertreter der rechtsextremen Partei Mails schreiben könne, wie es unter anderem hieß. Was er privat mache, sei sein Bier, hieß es aus dem Ortsbeirat, in dem Mitglieder aus CDU, SPD und FDP für ihn stimmten.

So viel Narrheit ist selten. Demokraten stimmen für eine Partei, welche das demokratische System der Bundesrepublik kaum verhüllt ablehnt. Das ist so, als würden sich die Schafe einen Wolf zum Anführer wählen und erklären: Wenn er privat gern Schafe verspeise, sei das sein Bier. Natürlich ist die Bedeutung des Vorfalls in einem Kleinstadtviertel für die Republik ziemlich überschaubar. Aber es war gut und notwendig, dass die Spitzen der demokratischen Parteien das Verhalten ihrer Lokalpolitiker scharf verurteilten. Mit Extremisten darf es keine Kooperation geben; nur dann bleibt diese Demokratie stark und notfalls wehrhaft. Immerhin bleibt den Verirrten von Altenstadt ein Ausweg: Wer in der Demokratie gewählt wird, kann auch wieder abgewählt werden.

© SZ vom 10.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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