Die rot-grüne Landesregierung in Niedersachsen verliert fünf Monate vor der Landtagswahl ihre Ein-Stimmen-Mehrheit im Parlament. Die Grünen-Abgeordnete Elke Twesten tritt aus der Fraktion und aus der Partei aus.
"Der Schritt fällt mir nicht leicht", sagte Twesten in einer Pressekonferenz. "Aber er ist notwendig." Sie sehe bei den Grünen keine politische Zukunft, "weder vor Ort noch im Land". Als weiteren Grund gab Twesten an, dass es bei Diskussionen um die Kandidatenaufstellung in ihrem Wahlkreis Rotenburg/Wümme zu tiefgehenden Meinungsverschiedenheiten gekommen sei. Nun werde sie in die CDU eintreten, da sie sich dort "nicht verbiegen" müsse.
CDU-Fraktionschef: Vorerst kein Misstrauensvotum
Durch den Schritt Twestens werden sich die Mehrheitsverhältnisse im Landtag in Hannover entscheidend ändern. Bisher hatte die rot-grüne Regierungsfraktion mit 69 Sitzen eine Stimme Mehrheit gegenüber der schwarz-gelben Opposition. Dieses Verhältnis kehrt sich nun voraussichtlich um. Der Chef der CDU-Fraktion im Landtag, Björn Thümler, sagte: "Die Regierung verfügt über keine parlamentarische Mehrheit mehr. Deswegen muss sie sich die Frage stellen, ob ein Rücktritt nicht sinnvoll wäre, um vorgezogene Neuwahlen durchzuführen."
Allerdings werde die CDU zunächst kein Misstrauensvotum einleiten. Zunächst solle der Eintritt Twestens in die Partei und die Landtagsfraktion formal vollzogen werden. Dann werde man über den weiteren Fortgang entscheiden. Auf Nachfrage schloss Thümler ein Misstrauensvotum zu einem späteren Zeitpunkt nicht aus.
Grüne: Können den Schritt nicht nachvollziehen
Aus der Staatskanzlei in Hannover gab es zunächst keinen Kommentar. Es wird aber erwartet, dass sich Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) im Laufe des Tages äußert. Die Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion Johanne Modder hat sich bereits für vorgezogene Neuwahlen ausgesprochen. "Wenn die Mehrheit wechselt, weil eine Abgeordnete aus persönlicher Enttäuschung die Seite wechselt, dann soll möglichst rasch der Wähler entscheiden", sagte Modder am Freitag.
Grünen-Fraktionschefin Piel sagte: "Wir bedauern die Entscheidung von Elke Twesten außerordentlich." Sie habe sich bewusst entschieden, keine Aussprache in der Fraktion zu führen. "Auch vor dem Hintergrund, dass es keine inhaltlichen Differenzen gab, können wir diesen Schritt nicht nachvollziehen."