Dresden:Kilometerlanges "Votum für die Demokratie"

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Jahrestag der Dresdner Bombennacht: 17.000 Bürger demonstrieren gegen Rechtsextremismus. Auf der anderen Seite marschieren nur ein paar hundert Neonazis.

Christiane Kohl, Dresden

"Wenn es darauf ankommt, halten die Dresdnerinnen und Dresdner zusammen", sagt Detlef Sittel (CDU). Der Erste Bürgermeister der Elbestadt ist sichtlich erleichtert, denn es hat weit mehr Bürger zur Menschenkette gezogen, als man anfangs glaubte. Noch um kurz vor eins am Mittag ist der Platz nur halb gefüllt, als Sittel in Vertretung der erkrankten Oberbürgermeisterin vor dem Rathaus steht und die Bewohner dazu aufruft, die Stadt nicht den rechtsextremen Marschierern zu überlassen, die Jahr für Jahr versuchen, den Jahrestag der Dresdner Bombennacht für ihre Zwecke zu missbrauchen. "Geben wir ihnen keine Chance", ruft Sittel. "Sie besudeln das Andenken der Opfer."

Gegner einer angemeldeten Neonazidemo haben sich am Sonntag in Dresden versammelt. (Foto: dpa)

Am 13. Februar 1945 war Dresden zerbombt worden, 25.000 Menschen sollen damals gestorben sein. Nun strömen die Menschen aus allen Richtungen auf die Posten der geplanten Menschenkette zu, die sich mit dem Läuten der Kirchenglocken um Punkt 14 Uhr schließen soll. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) reiht sich ein, auch sein Parteifreund, Bundesinnenminister Thomas de Maizière ist da, der Präsident des sächsischen Landtages, Matthias Rößler, und die Kirchentagspräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne). Etwa drei Kilometer zieht sich die Kette schließlich durch die Dresdner Altstadt, an der neuen Synagoge und dem Schloss vorbei über zwei Brücken bis in die Neustadt; nach Angaben der Stadt beteiligen sich etwa 17.000 Menschen daran.

Wenig später rasen Polizei- und Feuerwehrwagen über die Straßen und man hört Trillerpfeifen: Immer mehr Menschen finden sich jetzt vor dem Hauptbahnhof ein, um gegen die Neonazis zu demonstrieren. Die sammeln sich unterdessen auf einer von Polizisten gut abgeriegelten Straße südlich des Bahnhofsgeländes - die "Junge Landsmannschaft Ostdeutschland" hat, wie jedes Jahr, zu einem sogenannten Trauermarsch aufgerufen. Der soll dieses Jahr durch ein paar Straßen im Süden der Elbestadt führen. Die Polizei hat zuvor versucht, rechte und linke Demonstranten möglichst weit auseinanderzuhalten. So hatten linke Gruppen zunächst nur Demonstrationen auf der anderen Elbseite erlaubt bekommen. Doch dort findet sich kaum jemand ein; schließlich sind die Neonazis allzu weit entfernt.

So zieht es die linken Demonstranten in Richtung Bahnhof. Dort tröpfeln die Rechtsextremen ein. Anfangs sind es nicht viele, jedenfalls weit weniger Personen, als zuvor an der Menschenkette teilgenommen haben. De Maizière zeigt sich zufrieden: "Das ist ein Sieg für diese Bewegung", sagt er, "und ein starkes Votum für die Demokratie". Gegen 16 Uhr setzt sich der Zug der Rechtsextremen in Bewegung, noch sind es nur ein paar hundert. Auf der anderen Seite der Bahngleise stehen einige Tausend Gegendemonstranten.

© SZ vom 14.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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