Nach Scheitern der UN-Resolution:USA schließen Botschaft in Syrien

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Die USA ziehen nach dem Scheitern einer UN-Resolution gegen Syrien ihre Diplomaten aus dem Land ab, Großbritannien ruft seinen Botschafter "zu Konsultationen" zurück. Kanzlerin Merkel zeigt sich entsetzt über das Veto von China und Russland im Weltsicherheitsrat und fordert Präsident Assad zum Rücktritt auf. Das Regime zeigt sich unbeeindruckt - und verschärft die Gewalt gegen das eigene Volk.

Die USA haben ihre Botschaft in Damaskus geschlossen und alle Diplomaten aus Syrien abgezogen. Botschafter Robert Ford und 17 weitere Diplomaten seien am Montag ausgereist, bestätigten Vertreter der US-Regierung. Auch Großbritannien rief seinen Botschafter in Syrien "zu Konsultationen" zurück, wie der britische Außenminister William Hague in London mitteilte. Das US-Außenministerium hatte im Januar mit der Schließung der Botschaft gedroht, sollte das Regime von Präsident Baschar Assad nicht für einen besseren Schutz der Diplomaten sorgen.

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Gewalt und kein Ende: Mit brutaler Härte verteidigt Baschar al-Assad seine Machtposition in Syrien. Eine Position, für die sein Vater eigentlich einen anderen Sohn vorgesehen hatte. Doch ein Schicksalsschlag durchkreuzte die Pläne - und der Mediziner Assad musste umlernen.

Die Sprecherin des US-Außenministeriums, Victoria Nuland, sagte, Ford werde weiterhin Botschafter für Syrien bleiben. Er werde mit der Opposition Kontakt halten und sich weiter für einen politischen Übergang einsetzen. Die polnische Botschaft in Syrien werde die USA in konsularischen Angelegenheiten vertreten. US-Kommentatoren sprachen dennoch von einem "ernsthaften Schritt" Washingtons.

Die Schließung der US-Vertretung kommt unmittelbar nach dem Scheitern einer UN-Resolution zum Syrien-Konflikt. Russland und China hatten am Samstag im Weltsicherheitsrat in New York ihr Veto eingelegt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den syrischen Machthaber Baschar al-Assad daraufhin mit deutlichen Worten zum Rücktritt aufgefordert. "Präsident Assad hat an der Spitze seines Landes nichts mehr verloren", sagte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter im Auftrag der Kanzlerin. Der Präsident solle den Weg für einen Übergang freimachen.

Darüber hinaus will sich Deutschland nach Angaben des stellvertretenden Regierungssprechers für weitere "massive Sanktionen" gegen das syrische Regime einsetzen. Beschlüsse könnten beim nächsten Treffen der EU-Außenminister getroffen werden, sagte Streiter.

Die Kanzlerin kritisierte das Veto, mit dem Russland und China am Samstag eine Verurteilung Syriens im UN-Sicherheitsrat verhindert hatten, als "herben Rückschlag" für die internationalen Bemühungen zur Beendigung der Krise. Beide Länder hätten nun Verantwortung dafür, dass das Blutvergießen weitergehen könne.

Gleichzeitig äußerte Merkel sich zusammen mit dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy auch persönlich zu Syrien. Bei einem Treffen in Paris sagte Merkel, Deutschland und Frankreich seien "nicht nur enttäuscht, sondern entsetzt" über das Scheitern der UN-Resolution. Sarkozy sagte: "Es ist ein Skandal, was da passiert. Wir sind nicht bereit, die Blockade der internationalen Gemeinschaft zu akzeptieren." Er kündigte an, das Thema noch am Nachmittag in einem Telefonat mit dem russischen Präsidenten Dmitrij Medwedjew anzusprechen.

Russland will einer Resolution gegen Syrien nur zustimmen, wenn dort eine militärische Einmischung gegen Damaskus ausgeschlossen ist. China hatte den Entwurf als einseitig verurteilt.

Viele Tote bei Angriffen auf Homs

In der Stadt Homs haben die syrische Regierungstruppen ihre Offensive gegen die Bevölkerung am Montag noch einmal verstärkt. "Es ist das heftigste Bombardement seit Tagen", berichtete ein Menschenrechtsaktivist unter Berufung auf Anwohner. Soldaten beschossen mehrere Viertel, zahlreiche Menschen kamen dabei ums Leben. Augenzeugen berichten, die Armee habe Raketenwerfer eingesetzt.

Über die genau Zahl der Toten gibt es unterschiedliche Angaben. Die Nachrichtenagentur AFP berichtet unter Berufung auf die in London ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte von zwölf Toten und Dutzenden Verletzten. Reuters geht nach Angaben von Oppositionellen von mindestens 50 Todesopfern aus. Die Truppen von Assad verhielten sich, als ob sie immun gegen jede Form von internationaler Intervention seien, sagte Catherine al-Talli, hochrangiges Mitglied des syrischen Nationalrates, der Nachrichtenagentur.

Erst am Samstag hatten syrische Regierungstruppen nach Aktivistenangaben mindestens 200 Menschen getötet. Desertierte Soldaten kündigten die Bildung eines "Hohen Revolutionsrats" an, um den Widerstand gegen Assad zu bündeln.

Türkei und USA wollen Druck weiter erhöhen

Der Westen will jetzt auch ohne die Vereinten Nationen den Druck auf Assad erhöhen: Die Türkei warnte das Regime in Damaskus, das Scheitern der Syrien-Resolution im Weltsicherheitsrat als Freibrief zu betrachten. Einen Einsatz der türkischen Armee schließt Ankara jedoch aus. "Wir werden alles unternehmen", zitierte die türkische Nachrichtenagentur Anadolu den Vizeministerpräsidenten Bülent Arinc. "Aber nein, eine militärische Intervention ist für die Türkei keine Option."

Die US-amerikanische Außenministerin Hillary Clinton hatte bereits am Sonntag gesagt, man müsse angesichts des "kastrierten" Sicherheitsrates die Bemühungen zur Unterstützung des syrischen Volkes außerhalb der UN verdoppeln. Dabei würden die USA eng mit den Verbündeten und Partnern zusammenarbeiten. Außerdem wollten die USA weitere Strafmaßnahmen gegen Syrien verhängen und bestehende Sanktionen ausweiten.

© dpa/AFP/Reuters/mane - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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