München:Gewerkschaften vs. CSU

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3000 Betriebsräte protestierten, weil die CSU den Gesetzentwurf zur Regulierung von Leiharbeit und Werkverträgen blockiert.

Von Detlef Esslinger, München

Mit einer Demonstration von Betriebsräten hat der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) am Wochenende in München versucht, Eindruck auf die CSU zu machen. Etwa 3000 Betriebsräte, der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann sowie die Vorsitzenden fast aller DGB-Gewerkschaften protestierten dagegen, dass die CSU seit Wochen den Gesetzentwurf von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) zur Regulierung von Leiharbeit und Werkverträgen blockiert.

Das Gesetz gehört zu den umstrittensten der Koalition. Einen ersten Entwurf hatte die Ministerin im November vorgelegt. Der jedoch gefiel den Arbeitgebern weitaus weniger als den Gewerkschaften, woraufhin Nahles ihn überarbeitete. In der jetzigen Fassung sollen die Betriebsräte das Recht erhalten, über Art und Umfang von Werkverträgen informiert zu werden. Leiharbeiter müssen nach neun Monaten den gleichen Lohn wie die Stammbeschäftigten bekommen, nach 18 Monaten müssen sie grundsätzlich vom entleihenden Betrieb übernommen werden. Außerdem dürfen Leiharbeiter künftig nicht mehr als Streikbrecher eingesetzt werden. DGB-Chef Hoffmann sagte, dieser Entwurf sei weit entfernt von den Forderungen der Gewerkschaften und dem, was notwendig sei. Der DGB wollte zum Beispiel bei den Werkverträgen nicht nur Informations-, sondern Mitbestimmungsrechte. Aber der Entwurf enthalte "mehr als das, was wir jetzt haben", sagte Hoffmann.

Der Chef der IG BCE erkundigt sich bei Horst Seehofer nach dessen Motiven

Nachdem Nahles im Februar die neue Fassung erarbeitet hatte, sah es zunächst so aus, als hätten Arbeitgeber und Gewerkschaften damit ihren Frieden gemacht. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und der einflussreiche Branchenverband Gesamtmetall äußerten Zustimmung; die Chemie-Arbeitgeber gaben mit der IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) sogar eine gemeinsame, dafür werbende Erklärung heraus. Vor allem unter bayerischen Arbeitgebern gab es dann jedoch erneut Protest; den machte sich die CSU zu eigen. Deshalb kann das Gesetzgebungsverfahren seitdem nicht in Gang gesetzt werden.

Viele Gewerkschafter haben jedoch den Verdacht, das Gesetz werde von der CSU weniger aus inhaltlichen Gründen gestoppt, sondern das Vorgehen der Partei sei zumindest Teil eines allgemeinen Gerangels in der Koalition. Der IG BCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis fragte CSU-Chef Horst Seehofer in einem Brief nach seinen Motiven; DGB-Chef Hoffmann sagte am Samstag auf der Kundgebung: "Ein weiteres Weichspülen des Gesetzentwurfs wird es mit uns nicht geben." Für Mittwoch ist in Berlin ein Treffen des Koalitionsausschusses geplant. Angeblich soll Ministerin Nahles danach ihr Gesetz anderen Ministerien zur Abstimmung vorlegen dürfen.

© SZ vom 11.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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