Balkan:Machtwechsel in Montenegro

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Jakov Milatovic bei seiner Stimmabgabe am Sonntag. (Foto: Savo Prelevic/AFP)

Nach den ersten Prognosen gewinnt der vom proserbischen Lager unterstützte Ökonom Jakov Milatovic die Präsidentenwahl. Amtsinhaber Milo Djukanovic hatte mehr als drei Jahrzehnte die Politik des Landes bestimmt.

Der vom proserbischen Lager unterstützte Ökonom Jakov Milatovic hat nach ersten Prognosen die Präsidentenwahl in Montenegro gewonnen. Nach Angaben des Wahlforschungsinstituts Cemi, die auf einem Auszählungsstand von 62,7 Prozent der abgegebenen Stimmen beruhten, vereinigte er in der Stichwahl am Sonntag 60,1 Prozent der Stimmen auf sich. Der prowestliche Amtsinhaber Milo Djukanovic kam demnach auf 39,9 Prozent der Stimmen.

Mit der Niederlage bei der Präsidentenwahl verliert Djukanovic, der mehr als drei Jahrzehnte die Politik des Landes bestimmt hatte, seine letzte Machtposition. Bereits vor mehr als zwei Jahren war die Präsidentenpartei DPS bei der Parlamentswahl einer Koalition aus proserbischen und Reformparteien unterlegen. Djukanovic hatte die frühere jugoslawische Teilrepublik 2006 in die Unabhängigkeit und 2017 in die Nato geführt. Zugleich war seine Herrschaft immer wieder auch von Korruption und Vetternwirtschaft überschattet.

Milatovic, 37, steht der aus Belgrad gelenkten serbisch-orthodoxen Kirche nahe. Er war Wirtschaftsminister in der kurzlebigen proserbischen Regierung, die von Dezember 2020 bis April 2021 amtiert hatte. Nach dem Ende dieses Kabinetts gründete er zusammen mit anderen die neue Partei "Europa jetzt!". Diese bekennt sich zum angestrebten EU-Beitritt des Landes, steht aber zugleich auch für dessen enge Anbindung an Serbien.

In der ersten Runde hatte Djukanovic noch 35,4 Prozent der Stimmen erhalten, Milatovic nur 28,9 Prozent. Da kein Kandidat auf 50 Prozent der Stimmen kam, mussten sie in die Stichwahl gehen. Montenegro steckt seit längerem in einer politischen Krise. Wiederholt kam es zu Misstrauensvoten und Auseinandersetzungen zwischen dem Präsidenten und Abgeordneten. Erst Mitte März hatte Djukanovic das Parlament aufgelöst und vorgezogene Parlamentswahlen für den 11. Juni angesetzt. Obwohl das Präsidentenamt weitgehend zeremoniell ist, könnte die Wahl der Partei Milatovics Auftrieb für die Parlamentswahl geben.

© SZ/dpa/rtr/kast - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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