Katholische Kirche:Missbrauchsanklage gegen Priester erweitert

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Dem katholischen Geistlichen, der seit November in Köln vor Gericht steht, werden 85 zusätzliche Taten zur Last gelegt.

Die Missbrauchsanklage gegen einen katholischen Priester vor dem Landgericht Köln ist am Mittwoch um 85 Tatvorwürfe erweitert worden. 70 Fälle davon betreffen Kinder, 15 Jugendliche. Bei den Kindern geht es um 21 schwere Fälle von sexualisierter Gewalt wie Geschlechtsverkehr. Das jüngste missbrauchte Mädchen war den Angaben der Staatsanwaltschaft zufolge zum Tatzeitpunkt neun Jahre alt. Die Tatvorwürfe betreffen fünf zusätzliche Opfer.

Der Pfarrer steht seit November vor Gericht. Er ist des sexuellen Missbrauchs seiner Nichten angeklagt. Während des Prozesses meldeten sich jedoch weitere Opfer und sagten aus, sodass die Anklage nun erweitert wurde.

Die mutmaßlichen Taten fanden von 2002 bis 2018 statt. Der heute 70-Jährige wusste demnach stets ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis auszunutzen. Laut Anklage missbrauchte er zum Beispiel ein Mädchen, das in einer Ferienfreizeit Heimweh hatte. In einem anderen Fall soll er den Eindruck erweckt haben, sich um die Tochter einer alkoholkranken Mutter kümmern zu wollen. Als Krankenhausseelsorger baute der Mann demnach zu einer Familie ein besonderes Vertrauensverhältnis auf.

Obwohl den Verantwortlichen des Erzbistums Köln immer wieder Vorwürfe und Gerüchte zugetragen wurden, erhielt der Pfarrer stets aufs Neue die Gelegenheit, mit Kindern allein zu sein. Der Vorsitzende Richter Christoph Kaufmann verlas am Mittwoch den Brief eines Leitenden Pfarrers, in dessen Verantwortungsbereich der Angeklagte gearbeitet hatte. Als er seine Stelle angetreten habe, sei er vom Erzbistum mit keinem Wort über den im Raum stehenden Verdacht gegen den Priester informiert worden, schrieb der Pfarrer in seinem Brief an den Richter. Mit Bestürzen verfolge er nun den Fortgang des Prozesses und frage sich, ob der Angeklagte auch Kinder aus seinem Verantwortungsbereich missbraucht habe. Er zeigte sich überzeugt davon, dass die Kirche weitere Taten des Angeklagten hätte verhindern können.

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