Der Aachener Bischof Helmut Dieser wird neuer Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz. Als Stellvertreter soll der Freiburger Erzbischof Stephan Burger fungieren. Dieser und Burger übernehmen das Amt vom Trierer Bischof Stephan Ackermann, der es nach zwölf Jahren abgibt. Mit dem Personalwechsel sollen auch neue Strukturen zur Aufarbeitung und Prävention von sexuellem Missbrauch geschaffen werden. Das haben die Bischöfe bei ihrer Herbstvollversammlung in Fulda beschlossen.
Im Kern sollen für das Themenfeld Missbrauch zwei neue Gremien eingerichtet werden: Eine breiter aufgestellte bischöfliche Fachgruppe mit Dieser und Burger an der Spitze. Und ein unabhängiger Expertenrat, dem externe Fachleute verschiedener Disziplinen angehören sollen, aber auch Vertreter des Betroffenenbeirats der Deutschen Bischofskonferenz. Der Betroffenenbeirat soll beibehalten werden.
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Aus einem Beauftragten macht man also drei Gremien - getreu dem Motto "viel hilft viel?" Nein, es gehe um "eine Verstetigung dieses Bereichs", wirbt Ackermann im Projektmanager-Sprech für das neue Modell: Das Thema brauche eine "stetige Aufmerksamkeit und Sensibilität", eine "Bündelung in der Befassung". Konkret: Der Expertenrat solle dafür sorgen, dass staatliche und kirchliche Richtlinien eingehalten werden, er soll die Qualität der Aufarbeitungsprozesse sichern und sich um transparente und regelmäßige Berichte kümmern. "Es ist wichtig, dass das Expertengremium das Thema nicht mehr aus unserer, aus der bischöflichen Logik angeht, sondern aus der Fachperspektive", sagt Helmut Dieser. Er ist seit 2016 Bischof von Aachen, zuvor war er Weihbischof in Trier, wo er auch studiert hatte. Das Thema Missbrauch sei "eine unabschließbare Aufgabe", sagte Dieser.
"Auch ein neuer Beauftragter und neue Gremien werden nichts ändern", erklärte der Sprecher des Betroffenenvereins "Eckiger Tisch", Matthias Katsch. Bisher sei noch kein einziger Bischof zurückgetreten, Verantwortung löse sich in Dutzenden Studien und Gutachten auf. Positiver bewertet Johannes Norpoth vom Betroffenenbeirat der Bischofskonferenz die Personalie. "Bischof Dieser verfügt über Erfahrungen im Aufarbeitungskontext", sagte Norpoth der Süddeutschen Zeitung. "Er hat sich mit der Aachener Studie nicht von externen Einflüssen beirren lassen und diese entsprechend veröffentlicht."
"Eine innerkirchliche Kultur oder Unkultur des Wegschauens"
Helmut Dieser hatte an einem Missbrauchsgutachten für sein Bistum der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl festgehalten, kurz nachdem Kölns Erzbischof Kardinal Rainer Maria Woelki ein Gutachten derselben Kanzlei für sein Erzbistum abgesagt hatte. Darüber hinaus, so Norpoth, zeige Dieser auf dem Synodalen Weg, dass er bereit sei, auch gegen den Widerstand des Klerus klare und deutliche Positionen zu beziehen. "Es ist zu hoffen, dass er diese Eindeutigkeit und Deutlichkeit als Missbrauchsbeauftragter nicht verliert."
Der scheidende Beauftragte Ackermann sagte, er wisse, dass er Betroffene verletzt habe, "auch wenn das nicht meine Absicht war. Das tut mir von Herzen leid und dafür möchte ich um Verzeihung bitten." Das Amt habe seinen Blick auf die Kirche verändert: Es gebe eine "eine innerkirchliche Kultur oder Unkultur des Wegschauens und des Selbstschutzes, die bis heute noch nicht überwunden ist". Ackermann stand zuletzt in der Kritik, unter anderem, weil er den Klarnamen einer nur unter Pseudonym auftretenden Betroffenen vor Bistumsmitarbeitern enthüllt hatte. Ein Kirchenrechtler hatte Ackermann in diesem Kontext wegen des indirekten Bruchs des Beichtgeheimnisses bei Papst Franziskus angezeigt.