Migration - Erfurt:Adams: Land kann zügig 200 Flüchtlinge aufnehmen

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Dirk Adams (Bündnis90/Die Grünen), Justizminister von Thüringen, spricht. Foto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa (Foto: dpa)

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Erfurt (dpa/th) - Thüringens Migrationsminister Dirk Adams (Grüne) will dem Bundesinnenministerium anbieten, kurzfristig bis zu 200 Flüchtlinge, die derzeit auf griechischen Inseln verharren, aufzunehmen. Wenn der Bund Menschen aus den griechischen Lagern aufnehme und nach Deutschland hole, sei Thüringen "gerne bereit, auch über das normale Maß - und das normale Maß ist der Königsteiner Schlüssel - hinaus Menschen aufzunehmen", sagte Adams der Deutschen Presse-Agentur.

Er gehe davon aus, dass bei den Ländern abgefragt werde, wie viele Menschen sie aufnehmen könnten. "Auf die Frage, wie vielen Menschen wir ad hoc helfen können, werden wir die Zahl 200 zurückmelden", sagte Adams. Möglich sei dies vor allem durch freie Kapazitäten in der Erstaufnahmeeinrichtung in Suhl. Nach Zahlen seines Ministeriums kamen zwischen dem 1. Januar und dem 18. Juni 742 Flüchtlinge nach Thüringen. Im vergangenen Jahr waren es bis 23. Juni 1580 Menschen - und damit etwa doppelt so viele.

Adams sagte, er gehe davon aus, dass die ersten Flüchtlinge aus den griechischen Lagern möglicherweise im August aufgenommen werden könnten.

Die Innenminister von Bund und Ländern hatten sich vergangene Woche darauf verständigt, dass bei der Verteilung der Flüchtlinge jene Bundesländer bevorzugt berücksichtigt werden können, die bereit sind, mehr Flüchtlinge aufzunehmen als über den Königsteiner Schlüssel vorgesehen wäre.

"Das ist der schnellste Weg, den Menschen in Moria und den anderen Lagern in der Ostägäis zu helfen", sagte Adams. Das Camp von Moria gilt als das größte Flüchtlingslager Griechenlands und als völlig überfüllt. In der Vergangenheit wurden immer wieder die hygienischen Zustände dort kritisiert.

Die Thüringer Landesregierung hatte sich nach langem Hin und Her darauf verständigt, ein eigenes Thüringer Aufnahmeprogramm für in Griechenland festsitzende Flüchtlinge aufzulegen. Es sieht vor, dass bis Ende 2022 bis zu 500 besonders schutzbedürftige Menschen aufzunehmen. Der Beschluss der Innenministerkonferenz, der dpa vorliegt, macht aber auch klar, dass der generelle Rahmen für die Aufnahme von Flüchtlingen ausschließlich bundesstaatlichen Regeln obliege. Soll heißen: Der Bund hat bei diesem Thema das Sagen.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sprach am Freitag beim Abschluss der dreitägigen Innenministerkonferenz in Erfurt von etwa 900 Menschen, die nach Deutschland kommen sollen. Es gehe dabei um 243 Kinder und deren Kernfamilien. Zunächst sollen die Personalien dieser Menschen aufgenommen werden. "Eine Sicherheitsüberprüfung findet auch statt, das ist üblich bei Zuwanderung", sagte Seehofer.

Seehofer machte dabei klar, dass diese Menschen nicht nach dem Königsteiner Schlüssel auf die Länder verteilt werden sollen, weil dann möglicherweise nicht immer gewährleistet sei, dass Kind und Familie zusammenbleiben.

Adams Pläne, eine Aufnahme von 200 Flüchtlingen kurzfristig zu ermöglichen, stießen bei weiten Teilen der Opposition auf Kritik. Der migrationspolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Stefan Möller, forderte, die Landesregierung solle zunächst andere Probleme lösen. "Es ist erschreckend, wie leichtfertig Erklärungen zur Aufnahme von Migranten abgegeben werden, obwohl diese Frage das Land spaltet", erklärte Möller.

Auch die Thüringer CDU-Fraktion kritisierte das Vorhaben. "Der Grundsatz einer fairen und gleichmäßigen Verteilung auf die Bundesländer darf nicht außer Kraft gesetzt werden", erklärte der migrationspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Marcus Malsch. Es sei in Ordnung, wenn sich Thüringen entsprechend seines Bevölkerungsanteils in Deutschland an der Aufnahme behandlungsbedürftiger Kinder beteilige. "Der Thüringer Anteil liegt bei insgesamt 900 Flüchtlingen aber bei knapp 25, und nicht bei 200", so Malsch. Er warf der Landesregierung vor, Probleme in der Erstaufnahmeeinrichtung in Suhl nicht in den Griff zu bekommen.

Unterstützung erhielt Adams dagegen aus den Reihen seiner eigenen Partei. "Wir begrüßen ausdrücklich das Angebot Thüringens, die Bundesregierung bei der Umsetzung eines Aufnahmeprogrammes bestmöglich zu unterstützen. Thüringen stellt sich damit seiner humanitären Verantwortung", erklärte Grünen-Fraktionsvorsitzende Astrid Rothe-Beinlich.

Die migrationspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Franziska Baum, hält die Absichten des Migrationsministers für verständlich. "Ich kann nachvollziehen, dass es Minister Adams wichtig ist, diese Einladung an die Menschen, die in Griechenland unter schlimmsten Bedingungen gestrandet sind, auszusprechen", erklärte Baum. Ihrer Ansicht nach verspreche Adams mit seinem Aufnahmeprogramm aber auch, dass er sich bereits Gedanken über die Integration der Ankommenden gemacht habe. "Hier werden wir genau hinsehen", erklärte Baum.

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