In der Migrationsdebatte wird häufig von "Abkommen" gesprochen, nicht immer ist damit dasselbe gemeint. Es gibt zum einen die Art von Abkommen, für die soeben Bundeskanzler Olaf Scholz in Nigeria und Innenministerin Nancy Faeser in Marokko geworben haben. Ziel dieser bilateralen Vereinbarungen ist es jeweils, dass die Heimatländer irreguläre Einwanderer zurücknehmen und Deutschland dafür die legale Migration erleichtert. Teil der Abkommen kann sein, dass die Bundesrepublik wie in Nigeria Zentren mitfinanziert, die zurückgekehrten Migranten Ausbildungen anbieten sowie Beratung über Arbeitsmigration.
Wenn vom Abkommen zwischen der EU und Tunesien die Rede ist, handelt es sich tatsächlich bisher nur um eine Absichtserklärung, ein "Memorandum of Understanding", dessen Teile noch ausverhandelt werden müssen. Der Deal sieht vor, dass Tunesien stärker gegen Schlepper und illegale Überfahrten vorgehen soll. Im Gegenzug erhält die Regierung Geld, das unter anderem für die Küstenwache und die Rückführung von Migranten aus Tunesien in ihre Heimatländer verwendet werden soll. Tunesien ist es wichtig, Migranten aus Drittstaaten nicht dauerhaft aufzunehmen. Über die Vereinbarung gibt es große Unstimmigkeiten. Anfang Oktober hat Tunesien deshalb Geld an die EU zurückgezahlt.
2016 kam es nach langen Verhandlungen zum EU-Türkei-Abkommen: Die Türkei verpflichtete sich, Fluchtrouten abzuriegeln und nach Griechenland Geflüchtete zurückzunehmen. Für jede in die Türkei abgeschobene Person aus dem Kriegsland Syrien sollte aber ein anderer syrischer Flüchtling aus der Türkei neu in einem EU-Land angesiedelt werden. Zusätzlich sicherte die Europäische Union Hilfsgelder zu, etwa für den Bau von Schulen und Flüchtlingsprojekten. Ein weiterer Teil des Abkommens war eine Vertiefung der Beziehungen zwischen der EU und der Türkei und eine Lockerung von Visa-Bestimmungen.