Social Media:Klick, dann Strafbefehl

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Kann ein Facebook-Like strafbar sein? (Foto: REUTERS)

Mit Daumen oder Herzen zeigen Nutzer bei Facebook oder Twitter, dass sie etwas gut finden. Aber kann das digitale "Gefällt mir" auch strafbar sein? Die Cyber-Ermittler der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt tasten sich gerade vor.

Von Ronen Steinke

Bei Facebook, dem sozialen Netzwerk, dem etwa 30 Millionen Menschen in Deutschland angehören, ist es ein Daumen nach oben. Bei Twitter hat das Symbol eine andere Form: ein Herz. Bei Instagram auch: Herz. Ein kurzer Klick darauf, schon hat man als Nutzer ausgedrückt, dass man gut findet, was man da zu lesen oder zu sehen bekommen hat. Ein Foto vielleicht, oder einen Spruch.

Oder auch harte, menschenverachtende Hetze. So wie am 20. Februar in einer Facebook-Gruppe namens "Klartext - vernetztes Vaterland", wo es gerade um den tödlichen Anschlag eines Rassisten auf zwei Shisha-Bars in der Stadt Hanau ging und ein Nutzer kommentierte: "Solange sich die ... gegenseitig abschlachten, ist alles o.k. .. ;-)" Eine Reihe von anderen Nutzern, insgesamt 13, klickten auf Daumen-nach-oben. Das bedeutet "gefällt mir", auf Englisch "like".

Eine Reihe von Strafbefehlen

Wie ernst sollte man das nehmen? Während derzeit die Staatsanwaltschaften landauf, landab damit beginnen, Volksverhetzung und Beleidigung im Internet konsequenter zu verfolgen, als dies in den vergangenen Jahren der Fall war, richtet sich zumindest bei den für Hanau zuständigen hessischen Ermittlern der Blick auch auf die Likes. Was bedeutet das digitale "Gefällt mir"? Kann liken strafbar sein? Die Cyber-Ermittler der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt jedenfalls tasten sich gerade vor.

Sie haben eine Reihe von Strafbefehlen beantragt. Das Like für den Satz "Solange sich die ... gegenseitig abschlachten, ist alles o.k. .. ;-)" hat ein Aktenzeichen bekommen, 6132 Js 215444/20, das gab es hierzulande noch nie. Der Vorwurf an den Beschuldigten, einen 63-Jährigen aus Hofheim am Taunus, lautet: Er habe einen Mord "in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich gebilligt", strafbar nach Paragraf 140 des Strafgesetzbuchs. Mit einem Klick.

Das klingt streng. Die Meinungsfreiheit gilt nicht nur für Menschenfreundliches. Sie gilt auch für Geschmacklosigkeiten. Das deutsche Strafrecht zieht grundsätzlich erst dort eine Grenze, wo Äußerungen handfest zu Gewalt aufstacheln. Und auch dann mahnen die Gerichte zu Zurückhaltung. Wenn man sich vorstellt, in der Offline-Welt würde ein Redner Volksverhetzendes von sich geben, und im Publikum wären Menschen, die klatschen oder auch nur lachen - sollten sie dann alle mitbestraft werden?

Andererseits verweisen die hessischen Staatsanwälte der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität darauf, welche Wirkung ein Like haben kann, besonders wenn es, wie im Fall der Facebook-Gruppe "Klartext - vernetztes Vaterland", für 28 000 Mitglieder sichtbar ist. Die Algorithmen in den sozialen Netzwerken sorgen dafür, dass Botschaften, die viele Likes bekommen, ins Rampenlicht gerückt werden. Es gehe nicht um hohe Strafen, betonen die Ermittler - Verwarnungen genügten. Es gehe darum, ein Bewusstsein zu schaffen: Hetze zu liken heiße, Hetze zu verstärken.

Schon 36 Strafverfahren sind jetzt in Hessen wegen solcher Fälle eingeleitet worden, sagt Oberstaatsanwalt Benjamin Krause. Es geht vor allem um die Häme und Hetze nach dem Anschlag in Hanau, um Sprüche wie "ein guter Tag" oder "nicht schlecht". In einem Strafbefehl an einen Beschuldigten heißt es, er hätte sich "gerade wegen des augenzwinkernden Smileys ... moralisch hinter den Täter gestellt".

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