Malta:Klima für Mörder

Malta Mord Daphne Caruana Galizia

Der Tod von Daphne Caruana Galizia im Jahr 2017 löste nicht nur in Malta, sondern weltweit Trauer und Bestürzung aus. Sie war 53 Jahre alt, als sie ermordet wurde.

(Foto: MATTHEW MIRABELLI/AFP)

Die Ermordung der Journalistin Daphne Caruana Galizia hat die Welt schockiert - ein Untersuchungsausschuss belastet jetzt den maltesischen Staat schwer.

Von Oliver Meiler, Rom

Es ist eine späte und traurige Erkenntnis. Aber immerhin, sie steht nun schwarz auf weiß in einem Bericht von 437 Seiten. In Malta ist ein öffentlicher Untersuchungsausschuss zu dem Schluss gelangt, dass der maltesische Staat mitverantwortlich sei für den Tod der Investigativ-Journalistin Daphne Caruana Galizia - und dass er versagt habe. "Es wäre ganz offensichtlich notwendig gewesen, Daphne Caruana Galizia zu schützen, gerade nach der Veröffentlichung der Panama Papers. Doch dem Polizeichef, den Sicherheitsdiensten und anderen staatlichen Behörden erschloss sich diese Offensichtlichkeit offenbar nicht."

Caruana Galizia war 53 Jahre alt, als am 16. Oktober 2017 in Bidnija eine ferngezündete Bombe ihren Wagen in die Luft sprengte und sie tötete. Sie hatte gerade den letzten Beitrag in ihrem populären Blog "Running Commentary" ins Netz gestellt. Es ging mal wieder um Korruption in der Regierung. "Daphne", wie sie alle nannten, war ein ständiger Dorn im Schuh der Mächtigen. Sie hatte Keith Schembri, den damaligen Kabinettschef des maltesischen Premiers, hart angegriffen: Einen "Lügner" nannte sie ihn, der alle zum Narren halte. Schembri und Energieminister Konrad Mizzi hatten Offshore-Konten in Steuerparadiesen eröffnet, kaum waren sie an die Macht gekommen. "Schurken, wohin man schaut. Es ist zum Verzweifeln." So endete der letzte Eintrag.

Ihr Tod zeichnet die jüngere Geschichte des Landes wie kein anderer Vorfall - und er schockierte die Welt. Bis dahin hatte Malta gemeinhin das Image einer niedlichen, verträumten Insel im Mittelmeer.

Zwei Jahre lang haben drei bekannte Richter die Hintergründe des Mordes erforscht, wie das die Familie und die Europäische Union gefordert hatten. 120 Zeugen hörten sie sich dafür an, auch viele prominente Persönlichkeiten waren dabei. Etwa der frühere Premier Joseph Muscat von der Labour Party. Muscat war 2019 wegen der Wirren um die Aufarbeitung des Mordes zurückgetreten. Um die aufklärerische Rolle von Caruana Galizia in Malta zu verstehen, wird immer wieder ein Zitat Muscats aus dem Jahr 2013 angeführt. "Sie ist die einzige Opposition in diesem Land", sagte er, da hatte er gerade die Wahlen gewonnen - ein junger Premier mit einem liberalen und geschäftsfreundlichen Kurs. Im Bericht heißt es, Muscats Regierung habe dem "Big business" unvertretbar nahe gestanden. Und sie habe allgemein und "auf allerhöchster Ebene" für ein "Klima der Straffreiheit" gesorgt.

Der Premier entschuldigt sich bei der Familie - im Namen Maltas

In diesem Klima fühlten sich offenbar auch die Mörder geschützt. Einer von drei Männern, denen die Ausführung des Mords angelastet wird, hat sich schuldig erklärt und sitzt nun eine 15-jährige Haftstrafe ab. Zwei weitere warten noch auf das Urteil. Doch wer waren die wahren Drahtzieher, die Auftraggeber im Hintergrund?

Maltas amtierender Premier Robert Abela, wie Muscat von der Labour Party, entschuldige sich nun im Namen des Landes bei Daphnes Familie, bei ihrem Mann und ihren drei Söhnen, die alle um das Vermächtnis der Mutter kämpfen. Er sprach von "Fehlern", die begangen worden seien, und von einem "dunklen Kapitel" in der Geschichte Maltas. Der Bericht sei "ein Schritt im Heilungsprozess". Neuwahlen schloss er aus, in seiner Regierung säßen schließlich keine Personen, die bei der Untersuchung eine Rolle gespielt hätten.

Auch Daphnes Familie spricht von der Hoffnung auf einen Neuanfang. "Mögen diese Erkenntnisse dazu führen, dass die Rechtsstaatlichkeit in Malta wiederhergestellt wird," schreibt sie in einer Erklärung.

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