Frankreich:Macron gibt nach - ein bisschen

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Frankreichs Präsident Macron am Elysée-Palast in Paris. (Foto: REUTERS)
  • Frankreichs Präsident Macron will die Erhöhung der Ökosteuer auf Diesel und Benzin trotz massiver Proteste der "Gelben Westen" durchsetzen.
  • Allerdings kündigte Macron an, diese Steuer künftig immer dann zu senken, wenn der Kraftstoff wegen steigender Weltmarktpreise teurer werde.
  • Das pannenanfällige Atomkraftwerk Fessenheim an der Grenze zu Deutschland soll 2020 geschlossen werden.

Von Leo Klimm, Paris

Nach Massenprotesten gegen Steuern und hohe Lebenshaltungskosten macht Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ein Zugeständnis: Der Staatschef versprach am Dienstag, eine umstrittene Ökosteuer "intelligent zu machen". Demnach soll die Steuer auf Diesel und Benzin von der Regierung in Zukunft immer dann gesenkt werden können, wenn der Kraftstoff selbst wegen steigender Weltmarktpreise teurer wird. An einer lange geplanten Anhebung der Steuer zum 1. Januar 2019 hielt Macron aber fest.

Der Präsident rief auch Regionalkonferenzen in ganz Frankreich ins Leben, bei denen die Protestbewegung der "Gelben Westen" Ideen mitentwickeln soll, um die Lösung des Landes von fossilen Energien sozialer zu gestalten. "Wir dürfen keine Abstriche am Ziel machen. Aber wir müssen unseren Ansatz ändern", sagte Macron.

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In den vergangenen Wochen haben Hunderttausende mit Straßensperren und Protestzügen gegen Macrons Wirtschaftspolitik demonstriert. Diese in den sozialen Netzwerken entstandene Bewegung der Gelben Westen begründete sich zunächst auf der Forderung, die bevorstehende Ökosteuererhöhung zurückzunehmen. Allerdings offenbaren die Proteste darüber hinaus verbreitete Abstiegsängste in der Mittelschicht, vor allem auf dem Land.

"Ich verstehe diese Wut und den Frust zutiefst", sagte Macron. Viele Bürger hätten das Gefühl, ihr Leben sei "durch Steuern und Vorschriften blockiert", so der Präsident. "Die Antwort, die ich heute gebe, wird nicht die letzte sein." Er deutete an, seine Regierung könnte nach Abschluss der Regionalkonferenzen in drei Monaten Maßnahmen zur Stärkung der Kaufkraft ergreifen. Die Regierung hatte vor zwei Wochen bereits einen Heizkostenzuschuss und andere Hilfen im Umfang von 500 Millionen Euro verkündet. Die Demonstranten hat das aber nicht besänftigt.

Macron muss auf seine städtische Kernwählerschaft Rücksicht nehmen

Auch Macrons Ansagen vom Dienstag könnten nicht genügen. Die Kleinunternehmerin Jacline Mouraud, die in sozialen Netzwerken zu den Anführern der Gelben Westen zählt, forderte sofort wirksame Maßnahmen - "nicht in drei Monaten". Die Proteste, die teils schon gewalttätig waren, würden noch schärfer, sagte sie. Die Opposition von links und rechts kritisierte Macrons Versuch der Beschwichtigung als nichtig. Die Gelben Westen bringen den Präsidenten in ein Dilemma: Einerseits muss er sie beachten, weil eine Bevölkerungsmehrheit die Bewegung unterstützt. Andererseits muss er mit Blick auf die Europawahl im Frühjahr Rücksicht nehmen auf seine städtisch geprägte Kernwählerschaft, der Umweltfragen oft wichtig sind.

Er wolle beide Seiten zufriedenstellen, so Macron. Jene, die "das Ende der Welt" besorge und jene, die "das Ende des Monats" fürchteten. Der Präsident äußerte sich bei der Vorstellung seiner energiepolitischen Strategie für Frankreich. Dabei verschob er die Frist um zehn Jahre, bis zu der das Land den Anteil von Atomkraft am Strommix von heute 75 auf 50 Prozent senken soll. Zieldatum ist jetzt 2035. Im Sommer 2020, so Macron, werde das pannenanfällige Atomkraftwerk Fessenheim geschlossen, das direkt an der Grenze zu Deutschland steht.

© SZ vom 28.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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