Machtkampf in der AfD:Lucke-Lager warnt vor deutschem Front National

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  • Das AfD-Lager um Parteichef Lucke warnt vor der Entwicklung der Partei zu einem deutschen Front National.
  • Bei einer Pressekonferenz in Straßburg bestreitet Lucke, mit der Initiative "Weckruf 2015" die Spaltung des bürgerlich-liberalen Lagers von der Partei zu planen. Doch die Probleme in der Partei dürften nicht "zugekleistert" werden.
  • Lucke-Gegner und Ko-Chef Adam spottet hingegen über die "Weckruf"-Initative. Der Name erinnere an die Zeugen Jehovas.

Lucke-Lager warnt vor deutschem Front National

Das bürgerlich-liberale Lager der Alternative für Deutschland (AfD) will sich nach den Worten von Parteichef Bernd Lucke nicht von der Partei abspalten. Der von ihm und einigen anderen initiierte "Weckruf 2015" sei "keine Initative für einen Massenaustritt", sagte Lucke in Straßburg. Es sei im Gegenteil eine Initiative, um Mitglieder bei der Partei zu halten. Er sei "überrascht" davon, dass dies von manchen Parteimitgliedern anders dargestellt werde.

Zu den Querelen innerhalb der Partei sagte Lucke, die Probleme dürften nicht "zugekleistert" werden. Es müsse darüber geredet werden, welche Inhalte vertreten werden, welchen Stil die Partei pflegt, aber auch welche Formen der "demagogischen" Meinungsäußerung die AfD wolle oder nicht. Die Partei sei "gefährdet durch Ausfransung an den Rändern", sie dürfe nicht weiter nach rechts abdriften.

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Bernd Lucke sucht die Entscheidung: Mit der Gründung eines Vereins versucht er, eine klare Mehrheit der AfD-Mitglieder hinter sich zu bringen. Sollte er den Machtkampf nicht gewinnen, droht er mit der Gründung einer neuen Partei.

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Noch deutlicher äußerten sich Lucke und seine Mitstreiter, der zurückgetretene Parteivize Hans-Olaf Henkel, Bernd Kölmel und Joachim Starbatty (allesamt AfD-Europaabgeordnete), zuvor im sogenannten Hintergrundgespräch mit den Journalisten. Darin warnten sie vor einer Unterwanderung der Partei von rechts, vor der Entwicklung der AfD in eine antiamerikanische und antiislamische Protestpartei, eine Art deutschem Front National.

Hier wurde zudem auf das Dilemma hingewiesen, dass das Vermögen der Partei im Falle einer Abspaltung des liberalen Lagers einer solchen Gruppierung zufallen könne. In ihrer "Weckruf"-Initiative sieht die AfD-Riege um Lucke die letzte Chance, die Partei in ihrer bei der Gründung intendierten Form zu retten.

Frauke Petry, Luckes Ko-Vorsitzende an der Spitze der AfD, kritisierte den Vorstoß des Parteigründers. Die Initiative "Weckruf 2015" sei nicht geeignet, die widerstreitenden Flügel zu vereinen und verunsichere die Mitglieder, sagte die sächsische AfD-Landeschefin.

Alexander Gauland, Landesvorsitzender der AfD Brandenburg, hält den "Weckruf" für ein "innerparteiliches Kampfinstrument". Es handle sich um eine Drohgebärde, die die Gefahr in sich berge, die Partei zu spalten.

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Mit seinem "Weckruf 2015" versucht der Parteivorsitzende Bernd Lucke die AfD-Mitglieder für sich zu gewinnen. Er warnt vor einem deutschen Front National. Seine parteiinterne Kontrahentin ist die Ko-Vorsitzende Frauke Petry, die den konservativen Flügel vertritt.

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Am Montagabend hatten Lucke und seine Mitstreiter im Internet ihren "Weckruf 2015" veröffentlicht. Darin hatten sie unzufriedene Parteimitglieder aufgefordert, sich auf ihre Seite zu stellen. Wenn die Partei "nicht entschieden denjenigen Einhalt gebietet, die pöbelnd Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollen oder an den politischen Rändern unserer Gesellschaft hausieren gehen", sähen sie keine Zukunft für die Partei. Sie kritisieren vor allem die Verharmlosung und mangelnde Abgrenzung gegenüber der rechtsextremen NPD.

Bei ihren innerparteilichen Gegnern stößt die "Weckruf"-Initiative auf Kritik. Der AfD-Ko-Vorsitzende Konrad Adam spottete "Der Name 'Weckruf 2015' ist wirklich kurios. Er erinnert an die Zeugen Jehovas oder an die Heilsarmee mit ihren Zeitschriften wie 'Erwachet'", sagte er der Bild-Zeitung. Das passe in diesem Fall allerdings gut. Denn es gebe AfD-Mitglieder, "die eine Partei mit einem Missionsbetrieb verwechseln".

Die Ko-Vorsitzende und parteiinterne Kontrahentin Luckes, Frauke Petry, hatte ihren Vorstandskollegen bereits am Montag vor einer Abspaltung gewarnt.

Nach Darstellung Luckes sperrten Adam und Petry zudem am Montag seinen Zugang zum E-Mail-Verteiler der Partei, um den Versand einer "Weckruf"-Mail zu verhindern. Auf seiner Facebook-Seite schreibt Lucke: "Heute nachmittag hat die Bundesgeschäftsstelle auf Anweisung von Frauke Petry und Konrad Adam meinen Zugang zum Parteimanager gesperrt, um den Versand dieser Mail zu verhindern." Dies widerspreche einem gültigen Bundesvorstandsbeschluss.

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Lucke beklagt zudem "eine verfälschende Vorberichterstattung über den Weckruf 2015 u. a. auf der Facebookseite von Marcus Pretzell und in der FAZ". Es sei daher "dringend erforderlich, die Mitglieder über den wahren Sachverhalt zu informieren". Das Ziel des Weckrufs sei es, "verunsicherte und eventuell austrittswillige Mitglieder in der Partei zu halten".

Harter Umgang in der AfD

Befragt zum Verhältnis zu seiner parteiinternen Widersacherin, Ko-Chefin Frauke Petry, betonte Lucke in der Straßburger Pressekonferenz, er habe diese ausdrücklich eingeladen, sich am "Weckruf" zu beteiligen. Er könne ihr Verhältnis nicht auf "einer Art Fieberthermometer" angeben, doch Frau Petry und er seien vernünftige Menschen - und da könne es immer eine Verständigung geben. Im Hintergrundgespräch hörte sich das etwas anders an: Es werde sehr schwer, mit Petry zusammenzuarbeiten, hieß es da.

Hans-Olaf Henkel sagte, was er an innerparteilichen Anfeindungen erlebt habe, übertreffe bei Weitem das, was ihm von AfD-Gegnern im Europawahlkampf 2014 entgegengeschlagen sei. Und da habe er bei Veranstaltungen unter Polizeischutz gestanden.

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