Machtkampf:AfD steht vor der Spaltung

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Wenn Bernd Lucke keine Mehrheit in der Partei für sich findet, könnte das die Spaltung der AfD bedeuten. (Foto: dpa)
  • Bernd Lucke versucht offenbar mit der Initiative "Weckruf 2015" seine Anhänger hinter sich zu scharen und so den internen Richtungsstreit in der AfD für sich zu entscheiden.
  • Gewinnt er damit keine Mehrheit für sich, soll er einen Austritt aus der AfD und eine Neugründung erwägen.
  • Streitpunkt ist vor allem die Personalliste für den neuen Bundesvorstand. Lucke will mit einigen führenden AfD-Politikern nicht zusammenarbeiten.

Von Jens Schneider, Berlin

In der Alternative für Deutschland (AfD) erwägt der Parteigründer Bernd Lucke eine Abspaltung des gemäßigten Lagers. Dazu plant er die Gründung eines Vereins unter dem Namen "Weckruf 2015", dem sich die Unterstützer seiner Linie anschließen sollen. Luckes Hoffnung soll es sein, mit diesem Verein eine klare Mehrheit der AfD-Mitglieder hinter sich zu bringen und so den internen Richtungsstreit für sich zu entscheiden. Für den Fall des Scheiterns erwägt Lucke demzufolge die Gründung einer neuen Partei und seinen Austritt aus der AfD.

Lucke wird bei seinem Vorhaben von einer Mehrheit der Europa-Parlamentarier der AfD und einer Reihe führender Landespolitiker der Partei unterstützt. "Treten Sie nicht aus, sondern schließen Sie sich unserer Initiative an", heißt es in dem Aufruf an seine Unterstützer in der AfD. Es gehe darum, gemeinsam vorzugehen. Lucke hatte zuletzt beklagt, dass immer mehr bürgerlich gemäßigte Mitglieder die AfD verlassen. Er sprach von einer "Entbürgerlichung". Nun gehe es darum, welche Weichen auf dem Bundesparteitag am 13. Juni gestellt werden, appelliert er an seine Unterstützer. "Auch wir sehen für uns keine Zukunft in der AfD, wenn die Partei nicht entschieden denjenigen Einhalt gebietet, die pöbelnd Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollen oder an den politischen Rändern unserer Gesellschaft hausieren gehen", heißt es weiter.

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Luckes Ko-Vorsitzende und parteiinterne Kontrahentin Frauke Petry warnte ihn am Montag vor einer Abspaltung. "Ich bitte ihn daher, umgehend und heute noch auszuschließen, dass die Neugründung einer Partei oder Vereinigung geplant ist." Sie hatte ihn zuvor bereits gemahnt, dass die Partei sich nicht erpressen lasse.

Eine Personalliste, die beide Seiten akzeptieren könnten

Eigentlich wollten die Spitzen der zerstrittenen Lager der AfD in diesen Tagen noch nach einem Kompromiss suchen, um die Spaltung abzuwenden. Dabei soll es zwischen Lucke und Petry, die dem konservativen Flügel zugerechnet wird, um eine Personalliste für den neuen Bundesvorstand gehen, die beide Seiten akzeptieren könnten. Über Lucke heißt es, dass er mit einer Reihe führender AfD-Mitglieder nicht mehr zusammenarbeiten will.

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Mit seinem "Weckruf 2015" versucht der Parteivorsitzende Bernd Lucke die AfD-Mitglieder für sich zu gewinnen. Er warnt vor einem deutschen Front National. Seine parteiinterne Kontrahentin ist die Ko-Vorsitzende Frauke Petry, die den konservativen Flügel vertritt.

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Dies gilt dem Vernehmen nach für den stellvertretenden Vorsitzenden Alexander Gauland und den Chef des Landesverbandes von Nordrhein-Westfalen, Marcus Pretzell. Er zählt seit Langem zu den schärfsten Kritikern Luckes, ist aber ein enger Vertrauter Petrys. Es heißt, dass sie Pretzell in der Spitze auf jeden Fall dabeihaben will. Zuletzt konnten Lucke und Petry sich nicht mal darauf verständigen, wer an einem Einigungsgespräch teilnehmen sollte. Im Vorstand hatten sie massive Konflikte.

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Die AfD will Mitte Juni auf einem Parteitag einen neuen Vorstand wählen. Dabei sollen erstmals Delegierte über dessen Zusammensetzung entscheiden. Da sich in den Landesverbänden in den letzten Wochen viele Lucke-Kritiker durchsetzten, muss er um seine Wiederwahl fürchten und kann vor allem nicht davon ausgehen, dass nur ihm loyale Kräfte in den Vorstand gewählt werden.

© SZ vom 19.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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