Luftwaffenstützpunkt Hamaimim:32 Tote bei Absturz von russischem Transportflugzeug in Syrien

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Ein syrischer Soldat patrouilliert in der Stadt Nashabiyeh in der Region Ost-Ghouta. (Foto: dpa)
  • Ein russisches Transportflugzeug stürzt beim Anflug auf einen Stützpunkt in Syrien ab.
  • Die syrische Armee hat am Dienstag ihre Bodenoffensive fortgesetzt. Mehr als ein Drittel der umkämpften Enklave Ost-Ghouta sollen nun unter ihrer Kontrolle stehen.
  • Allen Rebellen, die aufgeben, bietet Russland einen sicheren Abzug an, heißt es aus dem russischen Verteidigungsminsterium.
  • Zudem haben UN-Ermittler Russland und die von den USA angeführte Allianz für eine große Zahl von Toten unter der Zivilbevölkerung verantwortlich gemacht.

Beim Absturz einer russischen Transportmaschine in Syrien sind 32 Menschen getötet worden. Das Flugzeug vom Typ Antonow A-26 sei beim Landeanflug auf den Luftwaffenstützpunkt Hamaimim abgestürzt, teilte das russische Verteidigungsministerium in Moskau mit. Das Militär machte technisches Versagen für den Vorfall verantwortlich.

"Nach Berichten vor Ort gab es keinen Beschuss auf das Flugzeug", hieß es in der Mitteilung russischen Agenturen zufolge. Die Maschine sei 500 Meter vor der Landebahn aufgeschlagen. An Bord seien sechs Mann Besatzung und 26 Passagiere gewesen. "Sie sind alle tot", hieß es in der Mitteilung. Russland nutzt den Stützpunkt nahe der Stadt Latakia am Mittelmeer seit 2015 für den Einsatz seiner Luftwaffe in Syrien. Im syrischen Bürgerkrieg unterstützt Moskau die Führung von Präsident Baschar al-Assad.

Moskau bietet syrischen Rebellen sicheren Abzug an

Russland hat den Rebellen im syrischen Ost-Ghouta einen sicheren Ausweg für sie selbst und ihre Familien angeboten. Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte, es werde für ihren Transport einen sicheren Korridor einrichten, sollten sie das Angebot annehmen. Allen Rebellen, die aufgäben, garantiere Russland Immunität vor Strafverfolgung. Kämpfer, die mit ihren Familien abzögen, dürften ihre Waffen mitnehmen.

Lage in Ost-Ghouta

Ost-Ghouta vor den Toren der Hauptstadt Damaskus ist eines der letzten Rückzugsgebiete der Rebellen. Es wird von islamistischen Gruppen kontrolliert. Etwa 400 000 Menschen sind dort seit Jahren eingeschlossen. Die syrische Armee und ihre Verbündeten hatten am Montag ihre Bodenoffensive fortgesetzt und Beobachtern zufolge mehr als ein Drittel der umkämpften Enklave unter ihre Kontrolle gebracht. Seit Beginn der Luftangriffe auf das Gebiet vor zwei Wochen seien mehr als 700 Menschen getötet worden, teilte die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit.

In Ost-Ghouta sei das Leben unter der Erde zur Norm geworden, sagte Christophe Boulierac vom UN-Kinderihlfswerk Unicef am Dienstag. Einige Familien harrten bereits seit vier Wochen in Kellern aus. In einigen Kellerräumen drängten sich 200 Menschen. Unicef zufolge sind in Syrien in den zwei Monaten seit Jahresbeginn mindestens tausend Kinder getötet oder schwer verletzt worden.

Am Montag hatten Aktivisten gemeldet, dass nach Luftangriffen in Ost-Ghouta mindestens 18 Menschen über Atembeschwerden geklagt hätten. Demnach wurde die Ortschaft Hammurije mit Raketen beschossen. Oppositionsgruppen beschuldigen die Regierung des syrischen Machthabers Baschar al-Assad immer wieder, im Kampf gegen Rebellen Giftgas einzusetzen, darunter Chlorgas. Die Regierung hat dies wiederholt bestritten. Nach einem Raketenbeschuss am 25. Februar auf die Ortschaft Schifunije in Ost-Ghouta hatte es 14 Fälle von Atemnot gegeben.

Eine vor einer Woche in Kraft getretene Waffenruhe von täglich fünf Stunden wurde immer wieder gebrochen. Sie sollte die Lieferung von Hilfsgütern in die Enklave ermöglichen, erst am Montag traf ein erster Hilfskonvoi ein. Der Konvoi war die erste Hilfslieferung seit Wochen. Er hatte medizinische Güter, chirurgisches Gerät und Nahrungsmittel für 27 500 Bedürftige geladen und traf am Montag dort ein. Wegen des Beschusses der Gegend brachen die Helfer den Einsatz vorzeitig ab. Russland ist neben Iran der engste Verbündete des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad.

UN-Bericht bringt Russland mit Kriegsverbrechen in Syrien in Verbindung

Zudem haben UN-Ermittler in einem Bericht Russland und die von den USA angeführte Allianz für eine große Zahl von Toten unter der Zivilbevölkerung verantwortlich gemacht. Die zuständige Untersuchungskommission der Vereinten Nationen brachte dabei erstmals Russland ausdrücklich mit mutmaßlichen Kriegsverbrechen in Verbindung, wie aus dem am Dienstag vorgestellten Bericht hervorging. Zudem setze die syrische Regierung im Bürgerkrieg weiter Chemiewaffen ein. Der Bericht beruht auf 500 vertraulichen Interviews mit Opfern und Augenzeugen und befasst sich mit den sechs Monaten bis zum 15. Januar.

Die Ermittler machten Russland für einen Luftangriff im November verantwortlich, bei dem mindestens 84 Menschen auf einem Markt in Atareb ums Leben gekommen seien. Zwar gebe es keine Hinweise, dass der Markt gezielt ins Visier genommen worden sei. Im März habe die US-geführte Koalition drei Angriffe auf eine Schule nahe Rakka geführt und 150 Bewohner getötet. Die Allianz habe damit gegen internationales Recht verstoßen, weil sie nicht ihrer Pflicht zum Schutz von Zivilisten nachgekommen sei. Syrien wiederum habe in Ost-Ghuta im Juli drei Mal Giftgas eingesetzt und im November noch einmal in Harasta am Rande des belagerten Gebiets. Die Regierung in Damaskus hat derartige Vorwürfe zurückgewiesen.

© SZ.de/rtr/AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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