Libyen: Kampf um Misrata:Einsatzpause in der Kriegshölle

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Die Schlacht um Misrata ist geschlagen, behaupten die libyschen Rebellen. Doch Gaddafis Regime will keine Niederlage eingestehen, spricht lediglich von einer Einsatzpause - während die Nato erneut die Hauptstadt Tripolis bombardiert.

Neue Luftangriffe auf Libyen: Die Hauptstadt Tripolis wurde Korrespondenten der Nachrichtenagentur AFP zufolge von schweren Explosionen erschüttert. Im Westen des Landes ist die Lage in der umkämpften Stadt Misrata unübersichtlich. Nach Angaben der Regierung von Staatschef Muammar el-Gaddafi haben sich die staatlichen Truppen nicht zurückgezogen, sondern nur ihr Feuer gegen die Aufständischen eingestellt.

Chaos in Misrata: Libysche Rebellen laufen über eine Straße der vollkommen zerbombten Hafenstadt. (Foto: AP)

Die Ziele der neuerlichen Nato-Luftangriffe und Angaben zu Opfern wurden zunächst nicht bekannt. Das US-Verteidigungsministerium teilte allerdings mit, dass am Samstag erstmals eine Drohne vom Typ Predator Raketen über Libyen abgefeuert habe. Das unbemannte Fluggerät habe in der Gegend von Misrata einen Raketenwerfer zerstört, mit dem Gaddafis Soldaten auf Zivilpersonen geschossen hätten. Die bewaffneten Predator-Drohnen sind seit Donnerstag über Libyen im Einsatz.

In der Hafenstadt Misrata sind die Regierungstruppen offensichtlich unter starken Druck geraten. Vizeaußenminister Chaled Kaim sagte entgegen früherer Angaben des Regimes nun allerdings, man habe sich nicht zurückgezogen - die Soldaten hätten "lediglich ihre Operationen eingestellt". Zuvor hatte Kaim noch die fast zweimonatige Belagerung der Rebellenhochburg für beendet erklärt.

In der bislang heftig umkämpften Stadt sollen nun nach Angaben der libyschen Regierung Stammesführer mit den Rebellen über eine Niederlegung der Waffen verhandeln. Hierfür sei ein Zeitraum von 48 Stunden angesetzt, sagte Kaim am Sonntagmorgen. Sollten die Verhandlungen aber scheitern, könnten die Stammesführer bewaffnete Anhänger in die Stadt schicken.

Allerdings ist die Region um Misrata weder für eine sehr hohe Zahl von Stämmen bekannt, noch dafür, dass diese besonders dominant sind. Daher fragen sich die Rebellen, wie viel Unterstützung Machthaber Muammar al Gaddafi von diesen Stämmen zu erwarten hat. Ebenso unklar ist, ob die Rebellen mit den Stammesführern verhandeln wollen. Letztere versuchten noch immer, mit den Oppositionellen in Kontakt zu treten, sagte Kaim.

Ankündigung des Regimes erntet Spott

Die Rebellen sehen die Aussagen der libyschen Regierung daher als Versuch der Gesichtswahrung. Schon auf Kaims Ankündigung, nun den Stämmen den Kampf zu überlassen, hatten sie mit Spott reagiert. "Was sollen das für Stämme sein, die Gaddafi unterstützen?", sagte ein Rebellensprecher dem US-Sender CNN. Der Nachrichtenagentur Reuters sagte ein Aufständischer am Telefon: "Misrata ist frei."

Allerdings bestätigten Vertreter der Rebellen, dass sich die Truppen Gaddafis zurück gezogen hätten. Sie äußerten aber zugleich Zweifel, dass das Regime seine Truppen vollständig aus Misrata abziehen werde.

Denn noch am Samstag waren in Vororten der Stadt heftige Kämpfe aufgeflammt. Bewohner sagten, es habe schwere Gefechten, Granatenfeuer und Explosionen im Osten und Süden von Misurata gegeben. Das Blutvergießen sei am Samstag besonders groß gewesen, sagten Ärzte. Mindestens 24 Menschen seien bei den Kämpfen getötet worden, meldete ein Krankenhaus der Stadt. Weitere 75 seien verletzt worden, viele davon schwer.

Im Osten des Landes seien bei Luftangriffen der NATO am Samstag mehr als zwei Dutzend Kleintransporter und Pkw der Regierung zerstört worden, sagte ein Bataillonskommandeur der Rebellen, Oberst Hamid Hassi. Zwischen dem strategisch wichtigen Ölhafen Brega und der Stadt Adschdabija im Osten des Landes ist die Front bereits vor Wochen zum Stehen gekommen.

Auch andere Städte des Landes sind noch umkämpft. Gaddafis Soldaten haben nach Rebellenangaben Jafran im Westen eingenommen. "Gaddafis Brigaden haben die Kontrolle über das Stadtzentrum übernommen, und wir stehen in den umliegenden Dörfern", sagte ein Sprecher der Aufständischen dem Sender Al Arabija. Die Soldaten setzten Granaten und Raketen ein.

© sueddeutsche.de/afp/dpa/feko - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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