Im Ringen um die Neuorganisation der Krankenhäuser hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eine Niederlage einstecken müssen. Bei den Verhandlungen mit den Gesundheitsministern der Länder am Donnerstag in Berlin konnte Lauterbach einen zentralen Punkt seiner geplanten Krankenhausreform nicht durchsetzen. Lauterbach wollte alle Kliniken in drei verschiedene "Level" einteilen, die wiederum definieren sollten, welche Leistungen in den jeweiligen Häusern erbracht werden dürfen oder nicht. Dieser Mechanismus ist nun vom Tisch.
"We agree to disagree", sagte Lauterbach bei einer Pressekonferenz am Nachmittag nach den Gesprächen - wir sind uns einig, dass wir uns nicht einig sind. Gleichzeitig kündigte er an, "auf Bundesebene" weiter von Leveln zu sprechen. Der Gesundheitsminister von Nordrhein-Westfalen, Karl-Josef Laumann, sagte, "wenn der Bund Levels haben will, kann er sie machen, dann ist das eben so". Es habe sich in den Gesprächen aber klar herauskristallisiert, dass bei der Krankenhausplanung einzig die Leistungsgruppen entscheidend seien. Leistungsgruppen sind, verglichen mit der bisherigen Einteilung nach Fachabteilungen, genauere Beschreibungen der zu erbringenden medizinischen Behandlung. "Die Leistungsgruppen sind die harten Parameter", so Laumann.
Trotz der inhaltlichen Differenzen bemühten sich die Beteiligten nach den Gesprächen um gute Stimmung. "Wir brauchen eine Vertrauenskultur, und die hat heute signifikante Fortschritte gemacht", sagte Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne). Die Hamburger Gesundheitssenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD) sagte, sie sei "außerordentlich erfreut, dass wir die Punkte, die im Dissens sind, auch als Dissens benennen können". Laumann sagte, eine große Errungenschaft des Tages sei, dass beide Seiten "begriffen haben, was man darf und was man nicht darf". Alle Seiten zeigten sich optimistisch, dass man noch vor der parlamentarischen Sommerpause, also bis Ende Juni, konkrete Eckpunkte für ein Gesetzesvorhaben erarbeiten könne.
Lauterbach kündigte im Gegenzug eine "Transparenzoffensive" an: Künftig sollten Daten über die Qualität der Leistungen in jeder Klinik für alle Patientinnen und Patienten öffentlich zugänglich sein. Diese sollten auf diese Weise, etwa vor einem geplanten Eingriff, besser überblicken können, welche Klinik für sie infrage komme. Häuser, die bei dieser Leistung bestimmte Qualitätskriterien nicht erfüllen - zum Beispiel, weil die Operation in dieser Klinik nur sehr selten vorgenommen wird -, könnten dann gemieden werden. Die zugehörigen Daten lägen dem Bund zum überwiegenden Teil ohnehin vor, sagte Lauterbach: "Ich kann nicht vertreten, dass ich diese Informationen habe und sie nicht öffentlich mache."
Wann genau und in welcher Form diese Qualitätsdaten zugänglich gemacht werden, stehe noch nicht fest, er wolle das auch in Abstimmung mit den Ländern machen, so der Minister. Fest stehe aber: "Dafür sind wir als Bund zuständig und das werden wir auch machen." Für die Patienten habe es ein solches Level an Transparenz noch nie zuvor gegeben, so Lauterbach.
Die Krankenhausreform ist das zentrale Projekt in Lauterbachs Amtszeit, der SPD-Politiker will damit die Organisation des Gesundheitswesens in Deutschland grundlegend verändern. Dabei gehe es ihm vor allem darum, die Qualität der Versorgung für die Patienten zu verbessern, unterstrich Lauterbach am Donnerstag erneut. Dass die Qualitätsunterschiede in den Kliniken teilweise zu groß sind, räumen grundsätzlich auch die Ländervertreter ein. Lauterbach verwies in diesem Zusammenhang bereits bei früheren Gelegenheiten auf eine Schätzung der Deutschen Krebsgesellschaft, wonach sich jedes Jahr allein in Deutschland 10 000 Todesfälle verhindern ließen, würden alle Krebspatienten in spezialisierten Zentren behandelt.
Weniger umstritten als die Krankenhausplanung ist der zweite große Punkt in Lauterbachs Reform. Denn auch die Finanzierung der Kliniken soll sich grundlegend verändern. Statt sich wie bisher maßgeblich über Fallpauschalen zu finanzieren, also über die Vergütung pro Patient, sollen die Krankenhäuser stärker für das Vorhalten bestimmter Leistungen vergütet werden. Das Ziel sei, so Lauterbach, dass Krankenhäuser weniger ökonomischen Druck verspürten und sich stärker auf die Qualität der Behandlung konzentrieren könnten. Zudem soll die Zahl überflüssiger Operationen, die von Kliniken also weniger aus medizinischen denn aus finanziellen Gründen vorgenommen werden, damit reduziert werden.