Wiesbaden:„Taschenspielertricks“: Landtag streitet um Kita-Kosten

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Zahlreiche Euro-Banknoten. (Foto: Daniel Reinhardt/dpa/Symbolbild)

Mehr Erzieherinnen, mehr Zeit für's Kind und mehr Freiraum für die Leitung: Hessen will künftig pro Jahr eine Milliarde Euro für Kitas bereitstellen. Dies sei...

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Wiesbaden (dpa/lhe) - Mehr Erzieherinnen, mehr Zeit für's Kind und mehr Freiraum für die Leitung: Hessen will künftig pro Jahr eine Milliarde Euro für Kitas bereitstellen. Dies sei so viel wie nie zuvor, sagte Sozialminister Kai Klose (Grüne) bei der Vorstellung einer Gesetzesnovelle der schwarz-grünen Landesregierung am Mittwoch im Landtag. „Wir haben uns entschieden, unsere Kommunen nicht im Regen stehen zu lassen.“ Das Land unterstütze die Städte und Gemeinden auch mit einem eigenen Investitionsprogramm beim Bau oder der Modernisierung von Kitas. „Unsere Schecks sind gedeckt“, betonte Klose.

Das Geld für mehr Personal und mehr Freistellungen für die Leitung kommt aus dem „Gute-Kita-Gesetz“ des Bundes. Unter anderem wird der Personalschlüssel erhöht, um Ausfälle durch Krankheit, Urlaub oder Fortbildung besser ausgleichen zu können. Über das Programm „Starke Heimat Hessen“ sollen die Träger der Kindertageseinrichtungen mehr Zuschüsse zu ihren Betriebskosten bekommen. Außerdem wird eine neue Förderkategorie für Kinder eingeführt, die 45 Wochenstunden oder länger betreut werden.

Die Opposition spart trotz der Ankündigungen nicht mit Kritik. Während der Bund mit mehreren Investitionsprogrammen und dem Gute-Kita-Gesetz hunderte Millionen Euro für eine bessere Kinderbetreuung bereitgestellt habe, sei das Engagement des Landes unzureichend, kritisierte die familienpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Lisa Gnadl. Hessen müsse mehr eigenes Geld in die Hand nehmen, um den Kommunen etwa bei den Betriebskosten stärker unter die Arme zu greifen. Nach Erhebungen des Landkreistages summiere sich zudem die Investitionslücke in hessischen Kitas inzwischen auf eine Milliarde Euro.

Zwar stiegen die Förderpauschalen und die Gesamtausgaben des Landes, sagte Gnadl. Aber dabei spiele die schwarz-grüne Regierung mit den Kommunen das Spiel „linke Tasche - rechte Tasche“. Erst werde ihnen das Geld aus der weggefallenen Gewerbesteuerumlage vorenthalten und in den Landeshaushalt umgeleitet. „Und anschließend wird genau dieses Geld mit großzügiger Geste als angebliche Zuschüsse verteilt“, erläuterte Gnadl.

Auch die sozialpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Christiane Böhm, warf der Landesregierung vor, sich „mit zahlreichen Taschenspielertricks vor der Bereitstellung von Landesmitteln“ zu drücken. „Im Ergebnis fehlen diese Mittel, um Investitionen in Neubau und Bestand von Kitas abzusichern, aber auch, um wichtige Lücken im Qualitätsbereich zu schließen.“ Böhm machte sich dafür stark, Berufseinsteiger mit einer guten Betreuung besser an die Einrichtungen zu binden. „Jede vierte ausgebildete Fachkraft verlässt in den ersten fünf Jahren nach Berufsantritt wieder die Kita. Dem müssen wir dringend etwas entgegensetzen“, sagte sie.

Der Vorsitzende der FDP-Fraktion, René Rock, nannte den schwarz-grünen Gesetzentwurf „einen kleinen Schritt in die richtige Richtung“. Die Novelle bleibe aber weit hinter dem zurück, was Krippen und Kindertagesstätten für eine optimale Betreuung benötigten. Rock forderte die Einführung einer dualen Erzieherausbildung mit Vergütung.

Nach den Worten der AfD-Abgeordneten Claudia Papst-Dippel wird die Situation in den Kitas mit dem neuen Gesetz nicht verbessert, sondern nur ein Mangel ausgebessert. Sie verwies darauf, dass Erzieherinnen vor immer neuen Herausforderungen stünden, etwa bei der gemeinsamen Betreuung behinderter und nicht-behinderter Kinder.

Die sozialpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Claudia Ravensburg, erklärte, die Qualität der Kinderbetreuung hänge nicht nur von Finanzen ab, sondern werde jeden Tag durch engagierte Fachkräfte sichergestellt. Daher wolle Schwarz-Grün 200 zusätzliche praxisintegrierte und vergütete Ausbildungsplätze schaffen und damit mehr Menschen für den Erzieherberuf begeistern. „Zudem werden wir mit einer Imagekampagne für den Beruf werben.“

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