Gender-Debatte:Antrag gegen Gendern: Kritik für AfD-Unterstützung

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Die Anrede „Mitarbeiter*innen“ ist in einem Dokument auf einem Bildschirm zu sehen. (Foto: Sebastian Gollnow/dpa/Archivbild)

Sternchen und Unterstrich haben als Ausdruck einer gendergerechten Sprache Einzug in den Schriftverkehr gehalten. Die Meinungen darüber gehen auseinander. Eine Abstimmung dazu in der Bürgerschaft Stralsund hat nun eine politische Kontroverse ganz anderer Natur ausgelöst.

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Stralsund/Schwerin (dpa/mv) - Mit ihrer Unterstützung eines AfD-Antrags gegen das Gendern in der Stralsunder Verwaltung haben CDU und FDP in der Bürgerschaft der Stadt heftige Kritik auf sich gezogen. Es sei „ein Tabubruch und nicht hinnehmbar, dass die CDU und die FDP mit der AfD stimmen und deren Antrag zur Mehrheit verhelfen“, heißt es in einer am Freitag in Schwerin verbreiteten Mitteilung der SPD-Landtagsfraktion.

In der auch von Fraktionschef Julian Barlen mitgetragenen Erklärung werden die Landesspitzen von CDU und FDP aufgefordert, ein solches Verhalten zu unterbinden. „Sonst ist die von Friedrich Merz und (CDU-Landeschef) Franz-Robert Liskow propagierte Brandmauer gegen Rechts am Ende doch nur eine Papierwand“, heißt es in der SPD-Mitteilung.

Auch die Grünen-Landesvorsitzende Katharina Horn warf den Kommunalpolitikern von CDU und FDP vor, mit ihrer Zustimmung zum AfD- Antrag einen Tabubruch begangen zu haben. Die Landeschefs von CDU, Franz-Robert Liskow, und FDP, René Domke, müssten sich die Frage gefallen lassen, wie ernst es ihrer Partei mit der Abgrenzung zur AfD sei. Paul Benduhn, Sprecher der Grünen Jugend MV, warf CDU und FDP vor, mit ihrer Handlungsweise in Stralsund bewusst der Demokratie geschadet zu haben. „Die klare Kante gegen Rechts, die auf Bundesebene immer wieder beschworen wird, ist nichts weiter als eine hohle Phrase“, sagte er.

Nach Angaben des Grünen-Stadtvertreters Jürgen Suhr war es das erste Mal in der Geschichte der Stralsunder Bürgerschaft, dass Mitglieder „demokratischer Fraktionen einen Antrag der AfD-Fraktion unterstützten“. Dabei gebe es gewichtige Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen dieser Partei. „Offensichtlich ignorieren alle FDP-Bürgerschaftsmitglieder und der große Teil der CDU-Bürgerschaftsmitglieder, dass die AfD Faschisten in ihren Reihen hat, sich nicht klar von diesen abgrenzt und dass zahlreiche AfD-Mitglieder für die Demokratie vor allem Verachtung übrighaben“, so Suhr.

Auf ihrer Sitzung am Donnerstag hatte die Stralsunder Bürgerschaft auf Antrag der AfD den Beschluss gefasst, dass im Schriftverkehr städtischer Einrichtungen und Betriebe auf Unterstriche, Doppelpunkte oder Sternchen verzichtet werden soll. Nach Angaben von Teilnehmern stimmten auch fast alle Bürgerschaftsmitglieder von CDU, FDP und Bürgern für Stralsund (BfS) zu. Dagegen stimmten die Abgeordneten von Linke, SPD, Grünen und Die Partei sowie zwei Frauen der CDU-Fraktion.

Unter der Überschrift „Gendern konsequent unterbinden - Kommunikation in regelkonformer Sprache“ hatte die AfD-Fraktion gefordert, dass die entsprechenden Stellen angewiesen werden, sich konsequent an die Vorgaben des Rates für deutsche Rechtschreibung zu halten. Der Rat für deutsche Rechtschreibung hatte 2021 das Gendern - beispielsweise durch ein Sternchen oder einen Unterstrich - abgelehnt. Gendergerechte Sprache sei eine gesellschaftspolitische Aufgabe, die nicht allein durch Rechtschreibregeln gelöst werden könne, hieß es.

In der Debatte über das Gendern gerate oft das Grundanliegen in Vergessenheit, gesellschaftliche Vielfalt abzubilden und einen respektvollen Umgang verschiedenster Menschen zum Ausdruck zu bringen, heißt es in der Mitteilung der SPD. Über die Art und Weise, wie man dies sprachlich zum Ausdruck bringt, lasse sich trefflich streiten. Doch müsse eines unstrittig sein: Dass alle Menschen gleiche Rechte und gleichen Respekt verdient haben, unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder Glauben. Doch stelle die AfD diese universelle Gültigkeit und Gleichheit immer wieder infrage. Dem Ansinnen der AfD sei daher entschieden entgegenzutreten, heißt es weiter.

AfD-Landeschef Leif-Erik Holm bezeichnete die Reaktion der SPD als hysterisch. Die Bürger seien es leid, „von selbst ernannten Sprachpolizisten vorgeschrieben zu bekommen, wie sie sich politisch korrekt auszudrücken haben. Daraus nun einen Tabubruch herbei zu fantasieren, zeigt die ganze Hilf- und Argumentationslosigkeit der SPD“, heißt es in einer Mitteilung Holms. Es gehe nicht mehr um Inhalte, sondern lediglich um stures Lagerdenken.

© dpa-infocom, dpa:230317-99-992153/5

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