Potsdam:Mehrheit für Verfassungsänderung könnte knapp werden

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Im Landtag von Brandenburg wird eine Sitzung abgehalten. (Foto: Bernd Settnik/dpa/Archivbild)

Die nötige Mehrheit für die geplante Verfassungsänderung im Brandenburger Landtag könnte knapp werden. Die Koalitionsfraktionen von SPD, CDU und Grünen sowie...

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Potsdam (dpa/bb) - Die nötige Mehrheit für die geplante Verfassungsänderung im Brandenburger Landtag könnte knapp werden. Die Koalitionsfraktionen von SPD, CDU und Grünen sowie die oppositionelle Linke wollen die Sprache geschlechtergerechter machen, den Kampf gegen Antisemitismus und sogenannten Antiziganismus sowie die Förderung der jüdischen Kultur festschreiben, die Freundschaft zu Polen betonen, die Besetzung des Vizepräsidenten neu regeln und den Schutz der niederdeutschen Sprache betonen. Der ehemalige CDU-Landeschef Ingo Senftleben kündigte am Montag jedoch an, dass er gegen die Verfassungsänderung stimmen will.

Künftig soll nicht mehr unbedingt die größte Oppositionspartei - also derzeit die AfD - einen Vizeposten erhalten. Eine Vizepräsidentin oder ein Vizepräsident soll einer Oppositionsfraktion angehören. Von den übrigen Fraktionen gibt es Kritik an Vizepräsident Andreas Galau von der AfD. Senftleben ist kein Unterstützer der AfD, wendet sich aber gegen die Pläne. „Für kurzsichtige Parteipolitik ist unsere Verfassung zu wertvoll“, sagte Senftleben der „Bild“ (Dienstag/Print) und der „B.Z.“ (Dienstag/online). Die Änderung sei eigentlich ein Anti-AfD-Gesetz. „Die Verfassung ist ein zu hohes Gut, um sie nach den aktuellen Kräfteverhältnissen im Landtag auszurichten.“

Die vier Fraktionen haben im Landtag 60 Stimmen - ohne Senftleben 59. Für eine Verfassungsänderung ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig, das sind 59 Stimmen. Dafür müssten alle anderen Abgeordneten der vier Fraktionen anwesend sein und mit Ja stimmen. CDU-Fraktionschef Jan Redmann zeigte sich am Dienstag nicht überrascht. „Grundsätzlich steht die Mehrheit.“ Bei Probeabstimmungen im Februar und in der vergangenen Woche hätten 14 der 15 CDU-Abgeordneten angekündigt, dafür zu stimmen, ein Mitglied wollte es sich offenhalten. Die Landesverfassung wird in diesem Jahr 30 Jahre alt.

Nach Angaben des CDU-Fraktionschefs ist aktuell allerdings nicht geplant, den Vizepräsidenten neu zu wählen. „Aus der Änderung der Verfassung ergibt sich nicht unmittelbar eine Veränderung der Zusammensetzung des Präsidiums“, sagte Redmann. „Es gibt auch hier keine Initiative für eine Abwahl (...). Wir ändern diese Regelung in der Verfassung mit Blick auf kommende Legislaturperioden.“

Die Freien Wähler fordern mehrere Änderungen. Der Fraktionschef von BVB/Freie Wähler, Péter Vida, sagte, seine Fraktion könne dem Entwurf „nicht in Gänze“ zustimmen. Er verlangte, ein Passus zur Freundschaft zu Polen solle in den Rahmen der EU eingebettet werden und der Vizepräsident solle ausdrücklich auf Vorschlag der Opposition gewählt werden. Beides sei bisher nicht aufgenommen worden. Die Freien Wähler wollen erreichen, dass über die einzelnen Änderungen getrennt abgestimmt wird und sich enthalten, wenn es nicht zu Änderungen oder getrennter Abstimmung kommt. SPD-Fraktionschef Daniel Keller setzt auf Dialog und hofft, dass die Freien Wähler noch mitziehen.

Der Linksfraktionsvorsitzende Sebastian Walter warb dafür, dass die Änderungen auch zu mehr Finanzmitteln zum Beispiel bei der Förderung jüdischer Kultur führen. „Was wir hier in der Verfassung als Wort festlegen, muss sich dann auch in praktischer Politik wiederfinden.“ Grünen-Fraktionschefin Petra Budke sagte, die Verfassung werde sehr viel geschlechtergerechter. Geplant sind Formulierungen wie Bürgerinnen und Bürger, Einwohnerinnen und Einwohner statt nur Bürger oder Einwohner.

In der kommenden Woche tagt der Hauptausschuss, der Landtag stimmt voraussichtlich in zwei Wochen ab. Die AfD lehnt die Pläne der vier Fraktionen ab. „Die Verfassung ist keine Spielwiese für parteipolitisches Kalkül“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Dennis Hohloch. Seine Fraktion beanspruche als stärkste Oppositionskraft die Position des Vizepräsidenten. Alle anderen Pläne für Verfassungsänderungen seien „Alltagsspielereien“, um die Verfassung zu missbrauchen.

© dpa-infocom, dpa:220607-99-575022/3

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