Mainz:Erste Befragung einer Ministerpräsidentin

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Erstmals hat ein Regierungschef einem Länderparlament in einer Fragestunde Rede und Antwort stehen müssen. Die Premiere ging am Freitag im rheinland-pfälzischen...

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Mainz (dpa/lrs) - Erstmals hat ein Regierungschef einem Länderparlament in einer Fragestunde Rede und Antwort stehen müssen. Die Premiere ging am Freitag im rheinland-pfälzischen Plenum in Mainz über die Bühne. Das neue Format geht auf die Initiative der oppositionellen CDU-Fraktion zurück, letztlich hatten sich alle Fraktionen dann auf ein enges Regelkorsett geeinigt. Der ganz große Schlagabtausch war es nicht, hinterher zeigten sich die meisten Fraktionen zufrieden, es gab aber auch kritische Stimmen.

Los ging es mit einer Erklärung Dreyers. Die widmete sie der sich im Zuge der Digitalisierung stark verändernden Arbeitswelt. Dreyer kündigte die Einrichtung eines „Transformationsrats“ zur Gestaltung der künftigen Arbeitswelt an. In dem sollen Arbeitsagentur, Gewerkschaften, Unternehmerverbände und Ministerien Weiterbildung, Forschung und Förderprogramme auf die Transformation ausrichten. „Wir wollen die Chancen nutzen, Rheinland-Pfalz zu einem Gewinner der Transformation zu machen“, sagte Dreyer. „Wir in Rheinland-Pfalz haben bisher jeden Strukturwandel aktiv gestaltet.“ Als „Musterbeispiel“ nannte sie Kaiserslautern, wo nun eine Batteriefabrik etwa für E-Mobilität geplant ist. Die Regierungschefin legte eine Punktlandung hin, nach den vorgeschriebenen fünf Minuten war sie mit ihrer Erklärung durch.

Anschließend widmeten sich die Fraktionen ganz unterschiedlichen Themen. Für jede Frage waren 30 Sekunden vorgesehen, Dreyer hatte eine Minute zur Entgegnung. CDU-Vertreter fragten zur Gesundheitspolitik, den wirtschaftlichen Problemen vieler Krankenhäuser, zum Landarztmangel und zu Medizinstudienplätzen, die AfD griff den neuen Medienstaatsvertrag auf. Dreyer warf der AfD vor, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk immer wieder als „Lügenpresse“ zu bezeichnen, was deren Vertreter Joachim Paul für sich zurückwies.

Die Regierungsfraktionen von SPD, FDP und Grünen brachten den Digitalpakt für die Schulen, den Beitrag des Landes zur deutschen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 oder die Förderung des Ehrenamts ein. Inhaltlich ging es kaum über bisherige Landtagsdebatten und Ankündigungen der Landesregierung hinaus.

In Sachen Ehrenamt hakte AfD-Fraktionschef Uwe Junge nach und wollte wissen, ob Dreyer Rentenpunkte für Ehrenamtliche als Anreiz befürworte. Sie entgegnete: „Das wäre schön, ist aber nicht zu realisieren.“ Und: „Freiwilliges Engagement ist freiwilliges Engagement.“ Der konfrontativste Moment der Fragestunde war, als sich Landtagspräsident Hendrik Hering (SPD) und der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Christoph Gensch, uneins waren, wann das Reglement eine weitere Frage zum Thema Gesundheitspolitik zulässt.

Nach der Fragestunde sagte CDU-Fraktionschef Christian Baldauf: „Das war eine Belebung des Parlaments.“ Positiv sei, dass sich mit der Fragestunde die Ministerpräsidentin und nicht nur Fachminister äußern müsse. Kritischer war das Fazit des AfD-Fraktionsvorsitzenden Uwe Junge. Er würde sich wünschen, dass die Themen der Fragestunde vorher nicht eingereicht werden müssen, so wie das im Bundestag oder dem britischen Parlament sei. AfD-Vertreter Paul sah „80 Prozent Selbstdarstellung“ Dreyers und wenig Inhalte, der Ablauf sei stark reglementiert. Eine aktuelle Debatte bringe da mehr.

SPD-Fraktionschef Alexander Schweitzer sprach von einem „guten Format“ und einem „spannenden Experiment“. Er sei der CDU dankbar, dass sie das Format eingebracht und der Ministerpräsidentin diese Bühne bereitet habe. Dreyer sagte: „Es war auch für mich spannend.“ Es sei herausfordernd, eine Antwort zu komplexen Themen binnen einer Minute zu formulieren. Die Geschwindigkeit des Formats sei gewöhnungsbedürftig. „Das gibt dann vielleicht auch die Spritzigkeit des Formats her.“

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